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Vielleicht hat der eine oder andere das auch schon mal erlebt: Im Bereich der Gürtelschlaufen offenbart die geliebte Jeans auf einmal kleine Risse, einige Zeit später so gravierende Löcher, dass man das Kleidungsstück nicht mehr tragen kann und wegwerfen möchte – sicher nur ein Beispiel von vielen, tatsächlich aber eines mit Folgen für die Umwelt. Dabei ist das Upcycling alter Textilien kein Hexenwerk.

Ein Unternehmen, das sich damit beschäftigt, wie sich alte, kaputte Jeans verwerten lassen, ist kiss the inuit: Vor zehn Jahren hat Katharina Partyka den Entschluss gefasst, den Verbrauchern zu demonstrieren, wie schick Mode sein kann, die im Grunde bereits ein erstes Leben hinter sich hat. Faire, umweltbewusste Bedingungen sucht man in der Modeherstellung nämlich vergebens. Im Zuge dessen hat sich Partyka zum Ziel gesetzt, den Leuten zu erklären, weshalb die Textilbranche unbedingt einen Wechsel braucht.

Und so funktioniert das Konzept von kiss the inuit: In diversen Klamottenläden findet man Sammeltaschen oder -boxen, in die man sein altes Kleidungsstück hineinwerfen kann. Im Fall von Jeans ist es so, dass sie aus mindestens 95 Prozent Baumwolle bestehen müssen, damit sie sich wiederverwerten lassen. Sind genug Kleidungsstücke zusammengekommen, so gelangen sie zu einer örtlichen Recyclingfirma, die aus ihnen neues Baumwollgarn herstellt.

Aktion gegen die wachsenden Berge an Textilmüll

kiss the inuit kooperiert mit dem niederländischen Modelabel Blue Loop Originals, das sich auf die Produktion von Kleidung aus recycelten Naturmaterialien spezialisiert hat. Hierbei spielen vor allem Jeans eine Rolle. Das hat Katharina Partyka dazu veranlasst, im vergangenen Jahr eine groß angelegte Jeans-Kampagne zu starten – mit Erfolg: „Wir haben in kürzester Zeit 1,2 Tonnen gesammelt, und die Menschen waren richtig froh darüber, ihre Jeans nicht wegschmeißen zu müssen“, sagt Partyka.

Deutschland sei „in puncto Re- und Upcycling bei Textilien ein Entwicklungsland“, insofern könne man auch nicht viel aufklären. „Die meisten Menschen machen sich keine Gedanken über ihre abgetragenen Sachen“, meint die Unternehmerin. Tatsächlich wachsen die Berge an Textilmüll; ganz zu schweigen davon, dass die Produktion einer einzigen Jeans nahezu 7.000 Liter Wasser benötigt und circa 35 Kilogramm CO2 ausstößt. Kleidungsstücke, die aus recycelten Fasern entstehen, benötigen im Vergleich weniger als ein Drittel der Wassermenge.

Konsumirrsinn verschlingt Unmengen an Rohstoffen, Energie und Pestiziden

Hinzukommt, dass der Fast-Fashion-Trend unaufhaltbar scheint: Kaum ist eine Kollektion auf dem Markt, steht schon die nächste in den Startlöchern. Dieser Konsumirrsinn verschlingt Unmengen an Rohstoffen, Energie und Pestiziden. Das ist Besorgnis erregend. Es ist wie bei elektronischen Geräten: „Der Lebenszyklus von Textilien, und überhaupt von allen Produkten, sollte von Anfang bis Ende durchdacht sein – also bereits vor der Produktion muss klar sein, welchen Fußabdruck hinterlässt mein T-Shirt, wenn es zu Abfall wird. Kann ich es kompostieren, das wäre super, oder ist es womöglich Sondermüll?“ sagt Partyka. „Die Fasermixe sind meist das Problem in den Textilien. Deswegen raten wir allen immer davon ab, Kleidung zu kaufen, die aus einem Mix an verschiedenen Fasern bestehen.“

Auch der VDI setzt sich für das Konzept der Kreislaufwirtschaft und die Einhaltung der Klimaziele ein. Über Jeans zu reden, mag in diesem Kontext befremdlich wirken. Jeans sind aber vor allem deswegen relevant, weil ein Drittel der alljährlichen Baumwollproduktion auf ihre Herstellung entfällt. Da die Nachfrage sehr hoch ist, genieren sich die Textilfirmen nicht, Chemikalien und Pestizide einzusetzen. Und damit Modeläden viele unterschiedliche Farben anbieten können, müssen zuvor auch einige Menschen ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.

Würden wir uns vielmehr darauf besinnen, Kleidung zu kaufen, die ein Unternehmen aus der Region hergestellt hat, so würde jeder Einzelne auch etwas für den Klimaschutz leisten. Und wer denkt, die Tage seiner Jeans seien gezählt, dem ist es zum Glück möglich, ihr ein zweites Leben zu schenken. Katharina Partyka würde sich darüber bestimmt sehr freuen: „kiss the inuit bestimmte die letzten zehn Jahre mein Leben, aber es ist eben kein normaler Job, sondern eine Mission, auf die ich mich 2011 begeben habe.“

Ich wünsche mir noch viel mehr Projekte dieser Art!

Autor: Frank Magdans, Referent Kommunikation

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