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Bild: Viktoria Kurpas/Shutterstock.com
KI

KI-Projekte einführen – Teil zweiDie Anwendungen: richtig skalieren

In unserem ersten Beitrag haben wir uns mit dem Einstieg in die KI beschäftigt. Nun widmen wir uns den KI-Anwendungen, zu denen Dr. Peter Ganghoff vom KIWerk Fragen beantwortet.

Im ersten Beitrag hatten wir über die Motivation zur Einführung der KI gesprochen. Wo liegen nun die Einsatzbereiche der KI, zum Beispiel in der Produktion?

Der Anwendungsbereich der KI-Methoden, etwa in der Produktion sind sehr breit und reichen von der klassischen visuellen Inspektion über Anomalieerkennung von Prozessparametern, Qualitätsvorhersagen bis zur Königsdisziplin der Prozessregelung. Wir möchten hier aber bewusst nicht einzelne Fallbeispiele aufzeigen. Es erscheint uns nämlich sinnvoller, einen Hinweis auf die Denkweise zu geben, wie ich eigene KI-Anwendungen identifizieren kann.

Eigene KI-Anwendungen identifizieren

Also eine individuelle Suche im eigenen Umfeld mit einer generellen Vorgehensweise?

Richtig! Selbstverständlich sind die grundsätzlichen Problemstellungen und Werkzeuge für deren Lösung immer ähnlich. Aber der Anwender sollte sich zunächst über seine „Pains“ in der Produktion im Klaren sein, um dann zu überlegen, wo in der Prozesskette Hinweise und Informationen für sein Problem vorhanden sind. Auch die Methoden des Maschinellen Lernens kommen an der Physik und den Wirkzusammenhängen nicht vorbei, sie sind aber in der Lage Zusammenhänge zu erkennen, welche man ohne die Algorithmen schwerer oder gar nicht findet. Und wie wir bereits in unserem ersten Beitrag erwähnt haben, sollte die Einführung der KI-Methode nicht über den vorhandenen Digitalisierungsgrad beantwortet werden, sondern über das Potenzial in Ihrer Fertigung. Möglichkeiten, notwendige Daten zu erfassen, lassen sich finden, auch wenn dies zunächst nicht gegeben sein sollte.

Und welche Benefits kann ich durch den Einsatz der KI-Methode erwarten?

Der wirtschaftliche Aspekt steht natürlich im Vordergrund und ist die Hauptmotivation. Um bei dem idealisierten Fertigungsprozess zu bleiben, könnte dies zum Beispiel durch die Anwendung der virtuellen Inspektion umgesetzt werden, welche 24/7 mit der gleichen Sorgfalt Teile begutachtet. Oder die Anomalieerkennung, die rechtzeitig einen Hinweis auf Abweichungen der Prozessparametern liefert und damit Fehlerkosten reduzieren kann. Durch Qualitätsvorhersagen können Teile rechtzeitig ausgeschleust werden, und der Aufwand in einer Endprüfung wird reduziert. Diese Benefits werden über ein Pilotprojekt mit Proof of Concept verifiziert und verstärken sich dann über die Skalierung der Anwendung.

Dreidimensionale Skalierung

Was verstehen Sie unter Skalierbarkeit und warum ergibt sich dadurch ein höherer Beitrag zur Wirtschaftlichkeit?

Unter dem Aspekt Skalierbarkeit verstehen wir den Ansatz, eine ersten Pilotanwendung in die Breite zu tragen. Wir sprechen hier von einer dreidimensionalen Skalierung, da es sich um unterschiedliche Ansätze handelt:

  1. Duplizieren: Dies ist der naheliegendste Ansatz. Die KI-Lösung lässt sich ohne Modifikationen auf einer zweiten Fertigungsanlage oder in ein Produkt implementieren. Der Aufwand besteht allein in der Übertragung, der Benefit ist analog zur ersten Umsetzung. Über die Anzahl der Fertigungseinrichtungen multipliziert sich der Benefit.
  2. Transferieren: bei diesem Ansatz wird die Grundidee auf ähnliche Fragestellungen übertragen. Dies könnte zum Beispiel die Übertragung auf eine ähnliche Fertigungseinrichtung oder Produktfamilien sein. Die Transformation erfordert einen gewissen Aufwand, der Benefit ist über die erhöhte Anzahl der Anwendungen weiterhin gegeben.
  3. Evolution: Dieser Ansatz beschreibt primär die zeitliche Abfolge und Durchdringung des KI-Ansatzes der Fertigung. Veranschaulichen lässt sich dies mit dem Bild einzelner „KI-Zellen“ innerhalb der Fertigung, welche zu „KI-Räumen“ wachsen. Dabei erhöht sich durch die Erfahrungen über der Zeit auch die Qualität der einzelnen Lösungsansätze. Diese Form der Skalierung beschreibt damit den Weg zum Zielzustand der nachhaltigen Implementierung des KI-Gedankens in der Fertigung.

Die obigen Ansätze stellen zunächst nur die reinen Formen der Skalierung dar. In der realen Umsetzung werden sich daraus Mischformen ergeben. Wichtig ist, dass bereits in der Planung der ersten Pilotprojekte Klarheit darüber besteht, wie sich eine Skalierung im eigenen Umfeld umsetzen lässt, um später den maximalen Benefit zu erreichen.

Spielt die Skalierbarkeit also die entscheidende Rolle bei der Auswahl von KI-Projekten?

Ja, gewiss spielt die Skalierbarkeit eine wichtige Rolle. Daneben gibt es insbesondere für die Auswahl von Einstiegsprojekten weitere Aspekte, wie zum Beispiel die technische Umsetzbarkeit, der Aufwand für die Umsetzung oder die erwartete Lebensdauer der Lösung aufgrund von geplanten Produktwechseln.

Interview: Dagmar Dirzus

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