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Ich kann mich noch sehr gut an jenen Tag erinnern, als ich meinen Klassenkameraden Matze zum ersten Mal zuhause besuchte: An den Wänden seines Zimmers hing kein Starschnitt eines Pop-Idols aus der Bravo, vielmehr standen rundherum Regale, auf denen ich Kisten, Kartons, Platinen, Lötwerkzeug, Kabelsalat und anderes technisches Zeug erblickte. Matze war auch kein cooler Typ. Nein, er war eher unauffällig – und ein wenig speziell, um nicht zu sagen: irgendwie sonderbar.
Selbstverständlich war Matze nicht unsympathisch. Weshalb sonst hätte ich ihn auch besucht? Und er war ja auch ausgesprochen intelligent. Er sprudelte nur so vor Ideen. Ich selbst fand Technik auch faszinierend. Selbst unter die Tüftler zu gehen, kam mir aber nicht in den Sinn. Umso spannender fand ich Matzes Welt. Von einer Welt zu sprechen, kommt nicht von ungefähr. Denn viele von denjenigen, die etwas erschaffen, leben irgendwie in einem anderen Kosmos – so zumindest meine Erinnerung. Und wenn man an Köpfe wie Albert Einstein denkt ...
Lösungen, die den Alltag erleichtern
Das bringt mich gedanklich zu einem anderen Beispiel, nämlich zur Trickfilmreihe „Wallace & Gromit“: Der eigenbrötlerische Tüflter Wallace erfindet allerhand technischen Schnickschnack und erlebt dadurch gemeinsam mit seinem Hund Gromit die kühnsten Abenteuer. Wallace‘ Erfindergeist lässt ihn etwa in „A Grand Day Out“ (1989) zum Mond reisen, weil es dort doch so viel leckere Käsecracker gibt. Ein anderes Mal entwickelt Wallace eine fernsteuerbare Hose aus Stahl, mit der ein hinterlistiger Untermieter einen wertvollen Diamanten stehlen will („The Wrong Trousers“, 1993).
Das Besondere an all den irrsinnigen Abenteuern ist, dass Wallace sich zu Beginn nicht über die möglichen Konsequenzen im Klaren war – wie auch?! Er will schließlich niemandem etwas anhaben. Im Grunde sucht er vielmehr nach Lösungen, die ihm den Alltag versüßen. Dabei geht es Wallace nicht gerade selten darum, seinem Leben ein intensiveres Gefühl an Komfort zu verpassen. So baut er sich in einer Episode in „Cracking Contraptions“ (2002) zum Beispiel eine Küchenmaschine, die ihm Rührei und Tee zubereiten soll, schließlich aber außer Kontrolle gerät und explodiert. Auch Wallace‘ aufwändig konzipierte Bedienung zum Umschalten von TV-Programmen hilft nur für den Moment. Am Ende geht sogar das Fernsehgerät kaputt.
Es funktioniert – es funktioniert nicht
Von Komfort kann meist nicht die Rede sein. Denn allzu oft endet bei „Wallace & Gromit“ alles im Chaos. Und bei vielen Erfindungen fragt man sich, ob sie sein müssten. Aber so ist das nun einmal, wenn wir es mit einem Erfinder zu tun haben: Sie sammeln allerhand Utensilien und bauen daraus etwas. Wer kann sich schon vorher absolut sicher sein, dass seine Erfindung auch tatsächlich funktioniert?
Darüber hinaus lässt sich Technik oftmals zu anderen Zwecken einsetzen. Deswegen betrachtet die Gesellschaft technischen Fortschritt nicht immer mit Wohlwollen. Verfolgt der Erfinder keine bösen Absichten, so heißt das noch lange nicht, dass nicht jemand anders die Umsetzung der Idee zu seinem Vorteil benutzen könnte. Im Gegenteil. Gerade „The Wrong Trousers“ demonstriert das par excellence: Die Ente ist ein Intruder im wahrsten Sinn des Wortes, da der neue Untermieter, die Ente, den Seelenfrieden des Erfinders unterwandert. Am Ende leidet Wallace sogar körperlich.
Verflixt und zugenäht
In der ersten Episode in „Cracking Contraptions“, in der Wallace seinem Hund seine neue Fernbedienung präsentiert, sagt der Erfinder stolz, es sei „precision technology“. Damit adressieren die Filmemacher die angebliche Unfehlbarkeit technischer Lösungen. Jeder, der im Alltag mit Technik zu tun hat, weiß: Leider funktioniert nicht alles zu hundert Prozent. Das sieht man zum Beispiel allein schon daran, dass der Anwender ein neues Gerät erst einmal updaten muss, bevor er es überhaupt nutzen kann.
Wie verflixt und zugenäht es im Alltag zugehen kann, wenn man zwar erfinderisch, aber zuweilen unvorsichtig ist beziehungsweise eine Millisekunde kopflos vorgeht, das führt einem die Trickfilmreihe „Buurman en Buurman“ aka „Pat & Mat“ wunderbar vor Augen: Zwei findige Nachbarn werkeln, was das Zeug hält – oder auch nicht. In bester Slapstick-Manier versucht das befreundete Duo Lösungen für die Herausforderungen des Alltags zu finden. Nicht allzu selten zerlegen sie hierfür ihr komplettes Mobiliar. Schließlich muss es oft ganz schnell gehen.
Erste Schritte, um Abläufe zu automatisieren
In der Folge „Pannenkoeken“ errichten die Erfinder in der Küche ein Zwei-Pfannensystem, um in kürzester Zeit eine größere Menge Pfannenkuchen herzustellen. Das geht anfangs schief, zum Ende hin aber immer besser. In anderen Episoden hingegen nimmt das Unheil oft seinen Lauf, die beiden Typen finden aber letztlich doch fast immer eine Lösung. Manchmal haben sie aber auch einfach nur Glück. In „Autowasstraat“ etwa schaffen die Tüftler es, eines ihrer Autos mit einer selbstgebastelten Waschanlage zu säubern. Jedoch verfängt sich am Ende eine Radkappe mit der Waschanlage und zerstört diese. Dies erzeugt wiederum so viel Dreck, dass das soeben gereinigte Auto noch stärker als zuvor verschmutzt. Doch dann kommt der Regen, und mit etwas Shampoo …
Mit erzählerisch-visuellen Darstellungen verfolgen Filmemacher nicht allzu selten die Absicht, Dinge überspitzt darzustellen. Schließlich dient das Medium Film neben dem Transport von Informationen vor allem der Unterhaltung. Dennoch lernen gerade kleinere Kinder ausgefallene Ideen kennen. Dies wirkt sich letztlich sehr gut auf ihre Fantasie aus. Außerdem erfahren Kinder, dass alles, was man tut, umgehend Konsequenzen mit sich zieht. Letztlich wollte mein eigener Sohn unbedingt wissen, weshalb so manche Erfindung einfach nicht funktioniert – gut, dass man nicht selbst Erfinder sein muss, um eine Antwort darauf zu finden.
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