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Im Laufe des 19. Jahrhunderts veränderte sich das gesellschaftliche Leben in Deutschland derart, dass abseits des bisherigen Standesverständnisses Vereine gegründet wurden. Misstrauisch beäugt von der autoritären Staatsmacht, die keine politische Betätigung ihrer Bürger wünschte, ging es in den Vereinen um die Verfolgung gemeinsamer Interessen der Mitglieder. So bildeten sich an den „klassischen“ Universitäten Burschenschaften, die sich als patriotische Reformbewegungen in Abgrenzung zu den bestehenden landsmannschaftlichen Zuordnungen verstanden.
Auch am Königlichen Gewerbe-Institut in Berlin, eines der Zentren für die deutsche Ingenieurausbildung, gründeten sich im ersten Quartal 1846 zwei Vereine mit unterschiedlicher Ausrichtung, die sich am 16. Mai 1846 zum Verein der Zöglinge am königlichen Gewerbe-Institut zusammenschlossen. Der griffigere, einprägsamere und heute noch gültige Name Hütte wurde erst im Dezember 1847 offiziell „als bester Ausdruck für die Vereinsbestrebungen: eine Stätte der Technik, ein Schutz im Ungewitter, ein Heim der Freundschaft", so die damaligen Gedanken zur Namensfindung.
Nachschlagewerk für Ingenieure und Studenten
Die Hütte wäre nur eine Studentenvereinigung unter vielen geblieben, wenn sie sich nicht durch zwei herausragende Projekte in die Geschichtsbücher geschrieben hätte: Zum einen war dies die Schaffung eines Nachschlagewerks für Ingenieure und Studenten des Ingenieurfachs (damals noch in der rein männlichen Form). 1857 erschien die erste Auflage des Klassikers, der mittlerweile in mehrere Fachgebiete aufgeteilt ist.
Zum anderen – und aus Sicht des VDI von noch größerer Tragweite – handelte es sich um die Schaffung eines Ingenieurvereins zum Zwecke „ein[es] innige[n] Zusammenwirken[s] der geistigen Kräfte deutscher Technik zur gegenseitigen Anregung und Fortbildung im Interesse der gesamten Industrie Deutschlands“. Zur lange vorbereiteten Gründung des VDI wählte man das Stiftungsfest zum zehnjährigen Jubiläum der Hütte, das am Pfingstwochenende 1856 in Halberstadt stattfand und zu dem auch alle ehemaligen Mitglieder sowie Freunde der Hütte eingeladen waren. Am Pfingstmontag 1856 machten sich 23 Herren mit Erntewagen auf den Weg von Halberstadt nach Alexisbad, wo sie den VDI offiziell gründeten.
Gegenüber anderen Bildungseinrichtungen sehr aufgeschlossen
Es spricht für die Vereinsgründer, dass man sich in den Führungspositionen nicht nur auf die Personen eingelassen hatte, die man kannte, sondern gegenüber Absolventen anderer Bildungseinrichtungen sehr aufgeschlossen war. So lesen sich zwar die Namen der Gründungsvorstandsmitglieder des VDI wie ein „Who is Who“ der Hütte-Honoratioren – allen voran Friedrich Euler, aber bereits in den Folgejahren waren auch „Nicht-Hütte-Leute“ zahlreich im Vorstand vertreten.
In einem Punkt war der Verein Deutscher Ingenieure übrigens auf der Überholspur: Hatte die Hütte erst ab den 1970er-Jahren weibliche Mitglieder, wurde in den Reihen des VDI bereits 1925 die erste Ingenieurin offiziell begrüßt.
Die Leute der Hütte sorgten dafür, dass die Ingenieure eine Stimme kriegten.
Kommentare
Inzwischen hat 1 Leser einen Kommentar hinterlassen.Sehr geehrter Herr Dr. Sager
Als langjähriges Mitglied des AV-Hütte, bedanke ich mich besonders für die ehrenvolle Widmung zur Gründung des VDI
und aber auch für den guten Hinweis auf die Hütte-"Taschenbücher" zu den Ingenieurswissenschaften.
Mit freundlichen Grüßen aus dem Schwarzwald,
Udo Büttner, Lahr-Hugsweier
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