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Behaglich soll es sein
Es gibt immer wieder Beispiele dafür, dass Thermometer an Stellen installiert werden, die zeitweise von der Sonne beschienen werden oder die aufgrund anderer Bedingungen regelmäßig relativ zur tatsächlichen Raumtemperatur zu geringe oder zu hohe Temperaturwerte anzeigen. Oder häufig werden Temperaturfühler in der Wand eingebaut. Diese messen dann auch nur die Temperatur der Wand – nicht diejenige des Raums. Solche Beispiele machen deutlich, dass es wichtig ist, den Ort der Messung richtig zu wählen und dass, wie im letzten Fall, auch immer ein Kopplungsfaktor zu berücksichtigen ist. Des Weiteren sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Temperaturfühler unterschiedliche Qualitäten haben. Abweichungen von 1,5 °C kommen durchaus vor.
Trotz dieser ganzen Einflüsse: In seinen eigenen vier Wänden möchte man sich wohl fühlen – insbesondere im Wohnzimmer. Um dieses Wohlfühlen tatsächlich erreichen zu können, ist versucht worden, eine „Behaglichkeitstemperatur“ oder eine „gefühlte Temperatur“ zu definieren und über Parameter messbar zu machen.
Die Richtlinienreihe VDI/VDE 3512 erklärt die Begriffe der Temperaturmessverfahren im Gebäude, beschreibt die unterschiedlichen Bauformen von Temperaturfühlern, ihre Güteklassen, ihre Prüfung und ihre Montage.
Gefühlte Temperatur ist messbar
Die in DIN EN ISO 7730 definierte gefühlte Temperatur ist nämlich nicht, wie man vermuten möchte, eine individuelle Wohlfühltemperatur, sondern ein objektiver Messwert. Dieser lässt sich aus dem Klimakomfortmodell nach der oben genannten Norm herleiten. Bei vorgegebenen Randbedingungen für Bewegungsgrad und Isolationswert der Kleidung ergibt sich daraus eine Differenz zwischen gefühlter Temperatur und Raumtemperatur, die vorwiegend von Luftströmung und operativer Raumtemperatur abhängt. Diese Differenz kann durch Änderung relevanter Parameter wie Strömungsgeschwindigkeit, Lufttemperatur und Strahlung beeinflusst werden. Aus richtiger Einstellung der hier genannten Parameter ergibt sich in der Gebäudeautomation letztlich die Energieeffizienz: Denn nicht immer muss die Raumtemperatur erhöht werden, damit sich die Personen darin wohlfühlen. Mitunter reicht es auch, die Strömungsgeschwindigkeit der Luft zu reduzieren.
Und so funktioniert die Messung der gefühlten Temperatur: Einzelne oder mehrere Sensoren erfassen die Wärmebilanz eines menschlichen Körpers in der jeweiligen Umgebung als Energiefluss in Abhängigkeit von den genannten Klimaparametern. Das Messergebnis kann in einen integrierten Temperaturwert umgewandelt werden. Die physiologischen Faktoren der gefühlten Temperatur, zu denen unter anderem die Körperinnentemperatur, die Hauttemperatur, Transpirationsrate und auch das Körperfett zählen, sowie weitere Randbedingungen, wie Bekleidung, Bewegung oder Akklimatisationsgrad, lassen sich indirekt über mathematische Modellrechnungen und entsprechende Auswerteelektronik oder direkt als Bauelement im Sensor integrieren.
Temperaturfühler leisten mehr
Ein Raumklima zum Wohlfühlen
Weil aber die gefühlte Temperatur noch nichts damit zu tun hat, dass man sich dabei auch wohl fühlt, erläutert Blatt 1 der Richtlinienreihe VDI/VDE 3512 auch die sogenannte Behaglichkeitstemperatur. Die thermische Behaglichkeit ist definiert als das Zufriedenheitsgefühl mit dem Umgebungszustand und basiert damit auf statistischen Daten (siehe auch DIN EN ISO 7730). Sie kann mittels Modellrechnungen und Messungen quantifiziert werden und hängt von einer Reihe behaglichkeitsrelevanter Einflussfaktoren ab. Für die Gebäudeautomation sind Lufttemperatur/Lufttemperaturverteilung, Luftfeuchte, Luftströmung sowie Flächentemperatur und Emissionsgrad der Umschließungsflächen relevant. Sollen Beeinträchtigungen der Behaglichkeit im Rahmen des Raumregelungskonzepts ausschließlich über automatisierte Lufttemperaturregelungen ausgeglichen werden, liefern Fühler die relevanten Messwerte zur Modellrechnung der Behaglichkeitstemperatur.
Arten von Temperaturfühlern
Temperaturfühler bestehen aus einem oder mehreren Temperatursensoren und ihrer einsatzspezifischen Armierung, also Gehäuse, Schutzrohr, Befestigungsmittel oder Ähnlichem. Deshalb unterscheidet man zwischen Gehäusefühler, Stab-/Einbaufühler, Anlegefühler, Kapillarfühler, Patronenfühler mit Kapillarrohr oder Kabelfühler. Die darin eingesetzten Sensoren sind sehr unterschiedlich, obwohl sie alle nach demselben Prinzip arbeiten: Sie wandeln die Temperatur in eine andere gut mess- und verarbeitbare physikalische, insbesondere elektrische Größe um. Und das wiederum erfolgt über den elektrischen Widerstand des Sensorelements (https://de.wikipedia.org/wiki/Widerstandsthermometer). Demnach besteht ein Zusammenhang zwischen Temperatur und Ausgangssignal. Der Einsatz von Temperaturfühlern in der Gebäudeautomation ist jedoch nicht vom Sensortyp, sondern von der Einhaltung der technischen beziehungsweise applikationsgeprägten Parameter abhängig, die in Blatt 2 aufgeführt sind. Daraus ist auch die Einteilung in die drei Güteklassen für Temperaturfühler in der Gebäudeautomation zu entnehmen. Ausführliche Informationen zu den einzelnen Fühlerarten und deren Montage hält Blatt 3 bereit und in Blatt 4 sind sämtliche Hinweise zur Prüfung von Temperaturfühlern enthalten: von allgemeinen Standardprüfvorschriften über Typprüfungen bis zur Ausgangsprüfung von Temperaturfühlern.
Aber woran liegt es nun, dass trotz automatisierter Regelung des Raumklimas und exakt berechneter Behaglichkeitstemperatur Frauen trotzdem immer frieren? Die Antwort finden Sie hier.
In Sachen Berichterstattung rund um die VDI-Richtlinien bin ich in sozialen Netzwerken unterwegs.
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