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Liebe Frau Döhring, es gab ja schon ein Berufsleben vor dem VDI. Was können Sie uns dazu sagen?
Nach meinem Studium war ich elf Jahre als klassische Bühnentänzerin an verschieden Theatern engagiert und später in der Dramaturgie sowie im Veranstaltungsmanagement tätig. Ich wusste immer, dass die Zeit am Theater endlich sein wird. Sie müssen sich das wie bei einer Leistungssportlerin vorstellen, die Zeit ist einfach durch die Physis begrenzt. Die Wendezeit brachte in der Theaterlandschaft und auch für mich persönlich viele Veränderung. DDR-Intendanten wurden abgesetzt und oft durch Menschen aus der alten Bundesrepublik ersetzt. Es kamen komplette neue Leitungen inklusive Regisseuren und Dramaturgen von West nach Ost. Ich wäre gern in der Dramaturgie geblieben, was aber nicht möglich war. Das war erst einmal schwer zu akzeptieren.
Gab es noch andere Dinge, die darauf Einfluss hatten?
Ja, vor allem die Geburt meiner Tochter. Danach habe ich mich total neu orientiert. Ich habe eine Ausbildung als Industriekauffrau beendet und gleich noch den Fachwirt angeschlossen, den Meisterbrief draufgesetzt und gehofft, mit jungen Menschen arbeiten zu können. Erste Erfahrungen habe ich bei der Herlitz AG gesammelt, doch war ich mit meiner damaligen Tätigkeit in der Buchhaltung nicht ausgelastet – es war mir zu eintönig. Ich konnte kaum selbst aktiv werden und Ideen einbringen.
An einer Ballettschule andere unterrichtet
Auf welchem Weg und mit welchen Vorstellungen sind Sie dann zum VDI gekommen?
In meiner Freizeit trainierte ich damals noch regelmäßig. Abtrainieren ist wichtig, damit später keine gesundheitlichen Herzprobleme auftreten. Ich trainierte auch Tänzerinnen und Tänzer an einer Ballettschule, und dort traf ich auf die Bauingenieurin Ute Steinberger. Einige VDI-Mitglieder können sich sicher noch an sie erinnern. Sie war aktiv im Arbeitskreis Frauen im Ingenieurberuf und auch sonst sehr umtriebig in unserem Bezirksverein. Sie lud mich ein, den BV BB kennenzulernen, und sie wusste, dass die Leitung der Geschäftsstelle vakant war. Ich wurde eingeführt, vorgestellt und bewarb mich mit weiteren Bewerberinnen und Bewerbern auf diese Stelle. Konkrete Vorstellungen hatte ich eigentlich keine, eher hatte ich mich in dem wiedergefunden, was das Stellenprofil forderte.
Technik kommt überall in unserem Alltag vor
Was hat Sie am VDI damals besonders interessiert?
Die Vielfältigkeit der thematischen Angebote von Veranstaltungen und natürlich die vielen ehrenamtlichen, aktiven und klugen technisch versierten Menschen. Ein ganz neuer Blickwinkel hat sich mir eröffnet. Was ich ab diesen Zeitpunkt erst wirklich begriffen habe war, dass Technik überall in unserem alltäglichen Leben vorkommt, und dass ohne Technik das Leben ein ganz anderes wäre.
Welche Probleme haben Sie damals vorgefunden und an welchen Veränderungen konnten Sie in den vergangenen Jahren mitarbeiten? Was hat sich seither nachhaltig verändert?
Wahrgenommen hatte ich den VDI, und auch den BV BB, als weitgehenden Alt-Männerverein. Denn im Vorstand war keine einzige Frau, überwiegend Vertreter aus der Hochschulwelt, wenige aus der Wirtschaft. Da hatten es Studierende oft nicht leicht, sich Gehör zu verschaffen um auf Augenhöhe agieren zu dürfen. Jung gegen Alt, Frauen wurden nicht gern gehört. Das war nicht immer leicht. Ich hoffe doch, dass ich behilflich sein konnte, Brücken zu bauen. Heute kann ich sagen, es hat sich viel verändert. Im Vorstand sind junge Menschen in der Verantwortung, der Frauenanteil im BV BB hat sich erhöht, obwohl es gern noch mehr sein könnten. Wir treten für Diversität ein. Wir haben die Nachwuchsförderung angepackt und umgesetzt. Und wir diskutieren in der Öffentlichkeit kontrovers über wesentliche gesellschaftliche Themen mit.
Menschen, die zum Denken anregen
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit für den VDI?
Die Vielfältigkeit der Arbeit - das ist nicht nur die Vorstandsarbeit, die allgemeinen Bürotätigkeiten, Korrespondenzen, Finanzbuchhaltungstätigkeiten, Mitgliederverwaltung, Archivierungen von Dokumenten, Informationsmaterial zusammenstellen und, und, und…, sondern auch die Gespräche mit vielen, national unterschiedlich geprägten Menschen, die mich zum Denken anregen.
Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere am Bezirksverein Berlin-Brandenburg im VDI?
Der menschliche Zusammenhalt und die Wertschätzung für jeden Ehrenamtlichen im BV BB. Denn die Arbeit ist von kurzen Wegen, Respekt, Austausch und Offenheit geprägt – Teamgeist und Zusammenhalt gehören zur gelebten Vereinskultur. Außergewöhnlich im BV BB ist die Offenheit im Gesamtvorstand sehr jungen Ingenieurinnen und Ingenieuren gegenüber und die Bereitschaft, diese in die Arbeit einzubeziehen und verantwortlich handeln zu lassen.
Neugierig bleiben
Wie erleben Sie aktuell in der Geschäftsstelle die Corona-Pandemie? Und inwiefern hat sie das vergangene Jahr geprägt?
Was mir sofort fehlte, waren die persönlichen Kontakte. Bis auf unsere Mitgliederversammlung im vergangenen Oktober wurden seit April 2020 bis heute keine Präsenzveranstaltungen durchgeführt. Das ist sehr schade, da gerade das Netzwerken nach Veranstaltungen nicht nur mein Interesse weckt. Das Homeoffice kann von Vorteil sein, möchte ich aber nicht immer leben müssen. Die Kontakte zu den Kolleginnen und Kollegen sind mir wichtig, auch die produktiven Kaffeepausen in der Küche fehlen. Geprägt hat mich das Lernen und die Nutzung von neuen technischen Mitteln der Kommunikation – aha, so geht es also auch!
Möchten Sie unseren Mitgliedern anlässlich Ihres Jubiläums noch etwas „ins Stammbuch schreiben“?
Bleiben Sie neugierig, schauen Sie über den Tellerrand und begeistern Sie andere Menschen für den VDI-BV BB. Und sagen Sie es weiter: Eine VDI Mitgliedschaft bringt Wissens- und Karrierevorteile und viele interessante Begegnungen. Und: Ja, man muss dafür etwas bezahlen. Nicht alles ist umsonst, auch keine Geschäftsstelle – Qualität kostet Geld.
Interview: Michael Diehl
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