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Herr Prof. Dr. Foken, was zeichnet Ihre Arbeit für den VDI aus?
Es geht mir darum, belastbare Standards zu schaffen, wie man meteorologische Prozesse so messen kann, dass sie vergleichbar und bewertbar sind, sowohl bezüglich der Ausbreitung von Luftbeimengungen in der Atmosphäre als auch für vorwiegend lokalklimatologische Aussagen. Eine gesicherte Datenbasis ist die Voraussetzung für klare und unmissverständliche Interpretationen und letztlich entsprechende Entscheidungen.
Inzwischen arbeiten Sie auch bei der Initiative Scientists for Future mit. Was waren Ihre Beweggründe für diesen Schritt?
Die Mitarbeit ist eine persönliche Entscheidung durch Anerkennung und Unterzeichnung der Initialen Stellungnahme, die Anfang 2019 gemeinsam von deutschen, österreichischen und schweizerischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschatlern verfasst wurde. In diesem Sinne unterstütze ich mit meinem Wissen zu den regionalen Auswirkungen des Klimawandels besonders die Regionalgruppen in Bayreuth und Erlangen und kooperiere mit Wissenschaftlern vor allem in Bayern. Mein Ziel ist es, Wissen zu vermitteln, zum Beispiel mit Vorträgen für Fridays for Future. Essenziell ist zudem, gemeinsam mit anderen Organisationen Politiker zu einem aktiveren Handeln für Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu bewegen.
Scientists for Future und der VDI
Wo liegen aus Ihrer Sicht Unterschiede und wo Gemeinsamkeiten vor?
Man kann Scientists for Future und den VDI nicht vergleichen. Scientists for Future ist ein überinstitutioneller, überparteilicher und interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. Meine Mitarbeit im VDI und meine Beweggründe für die Mitarbeit bei den Scientists for Future sind jedoch die gleichen und widersprechen sich nicht. Es geht mir darum, meine Fachkompetenz einzubringen und Entscheidungen für eine lebenswerte Zukunft voranzubringen.
Man könnte also sagen, Ihr Engagement ist eine gute Ergänzung?
Nicht wenige Wissenschaftler sind neben Scientists for Future auch im VDI organisiert. Als Atmosphären-Wissenschaftler kann ich nur aufzeigen, was Klimawandel ist und wie man durch einen echten Klimaschutz dem begegnen kann, das heißt eine CO2-Emissionsfreiheit muss man ehrlich und möglichst schnell umsetzen und diese sich nicht nur durch Zertifikate erkaufen. Der Weg kann nur mit dem Ideenreichtum der Ingenieure erfolgen, die Technologien zur Anwendungsreife bringen und entsprechend umsetzen. Auf diesem Weg müssen aber völlig neue Pfade eingeschlagen werden, wie die komplette Umstellung auf erneuerbare Energien mit modernen Speicherkonzepten, die neue Form der Mobilität weg von der uneingeschränkten individuellen Mobilität, aber auch eine emissionsfreie Landwirtschaft und Ernährung. Dies ist ein Weg, der nicht nur bei Politiken, sondern auch bei Ingenieurinnen und Ingenieuren ein grundsätzliches Umdenken erfordert. Hier sehe ich die Stärke von einer engen Verbindung meines Engagements, indem Lösungen geschaffen werden, die eine Null-Emission gewährleisten und nicht nur scheinbar sinnvoll aussehende Lösungen.
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihre Arbeit niedergeschlagen?
Leider hat die Corona-Pandemie dazu geführt, dass ich die lokale Vernetzung über den VDI-Stammtisch nicht weiterverfolgen konnte. Dennoch hat die Mitarbeit im VDI in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung für mich gewonnen, da der Klimawandel in der Richtlinienarbeit zunehmend größeren Stellenwert einnimmt.
Können Sie hierzu Beispiele nennen?
Kürzlich ist erst eine Richtlinie zur Anpassung der Städte an den Klimawandel erschienen, Richtlinien zu Grün in den Städten und zum Einsatz unbemannter Flugsysteme – Drohnen –, für die Gewinnung zuverlässiger Daten von Luftbeimengungen sind in Vorbereitung. Hier kann ich meine Erfahrungen sowohl in der Klimaproblematik als auch in der Messtechnik einbringen. Gleichzeitig kann ich die im VDI gewonnenen Erkenntnisse auch in der Diskussion mit Wissenschaftlern einbringen und genauso jenen Organisationen vermitteln, die Scientists for Future nahestehen.
Das Bundesverfassungsgericht und das Klimaschutzgesetz
Das Bundes-Klimaschutzgesetz greift aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts zu kurz. Die Bundesregierung soll nun bis Ende 2022 die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 anpassen. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung?
Die Entscheidung erfreut nicht nur die junge Generation, sondern auch die Wissenschaftler, deren Erkenntnisse und Warnungen von der Politik bislang nur unzureichend ernst genommen wurden. Immerhin bedeutet Generationengerechtigkeit eine Reduktion der Emissionen um 66 Prozent bis 2030 gegenüber 1990.
Abschließend würde uns noch interessieren, was Sie sich für das Jahr 2030 wünschen. Was sollte sich klimapolitisch bis dahin tatsächlich getan haben?
Ich wünsche mir, dass wir unsere Energie 2030 kohlefrei erzeugen und Energiewende, Mobilitätswende und Veränderungen in der Landwirtschaft bereits den Alltag prägen.
Und was sollte sich in den Köpfen der Menschen tun?
Es würde der Gesellschaft guttun, wenn man den Klimaschutz und die Energiewende nicht als notwendiges Übel oder Belastung, sondern als Chance für uns alle betrachtet. Es geht um nicht weniger als um eine gute Lebensgrundlage für uns und folgende Generationen. Davon profitieren wir alle.
Interview: Christian Borm, Frank Magdans
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