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Wie funktionieren die Sensoren?
Kostengünstige Sensoren für gasförmige Luftschadstoffe beruhen im Wesentlichen darauf, dass sich bestimmte Eigenschaften elektronischer Bauteile in Abhängigkeit von der Luftkonzentration der Schadstoffe, mit denen sie in Berührung kommen, ändern. Sensoren für Feinstaub (PM) zählen in der Regel die Partikel über ein optisches Verfahren und leiten daraus die Partikelmassenkonzentration ab.
Kontrolle und Sicherung der Datenqualität?
Für Sensormesssysteme ist noch weitgehend ungeklärt, welche Methoden zur langfristigen Sicherung und Kontrolle der Datenqualität geeignet sind. Erfahrungen zufolge liefern selbst baugleiche Sensoren in der Regel nicht gleichwertige Ergebnisse, sondern müssen individuell kalibriert und auf einen allgemeinen Standard zurückgeführt werden. Momentan ist ungeklärt, inwieweit die Datenqualität von Sensoren über einen längeren Einsatz gewährleistet werden kann, ein sehr wichtiger Aspekt bei Überwachungsaufgaben.
Ein Grundsatzproblem für öffentliche Messnetzbetreibende ist die geringere Kontrolle und Transparenz über Geräte und Daten. Einige Herstellerfirmen von kompletten Sensorsystemen bieten an, dass die Rohdaten auf ihren Internetserver fließen, wo unter Nutzung vertraulichen Wissens die eigentliche Messwerterzeugung stattfindet. Der Weg von den Rohdaten zum endgültigen Messergebnis ist häufig nicht hinreichend nachvollziehbar.
Sind die Daten belastbar und gar gerichtsfest?
Messungen zur Überwachung der Grenzwerte nach der EU-Luftqualitätsgesetzgebung, die auch Grundlage der Luftreinhaltepläne sind, müssen belastbar und gerichtsfest sein. Dies setzt voraus, dass die Messungen die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen erfüllen. Das wiederum heißt: Sie müssen unter anderem einer kontinuierlichen Qualitätssicherung unterliegen und mit Referenzmessungen vergleichbar sein. Vergleichsmessungen zwischen kostengünstigen Sensoren und Referenzgeräten zeigen Defizite kostengünstiger Sensoren hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit.
Bei Außenluftmessungen reagieren Sensoren empfindlich auf lokale Störeinflüsse wie zum Beispiel Schwankungen von Temperatur, Luftfeuchte, Windstärke, Luftdruck und Sonneneinstrahlung. Auch hinsichtlich der stoffbezogenen Selektivität gibt es Defizite: Bestimmte Sensoren sprechen nicht exklusiv auf einen Schadstoff wie Stickstoffdioxid an, sondern unterliegen Querempfindlichkeiten zu anderen Gasen wie Ozon.
Dem hohen Anspruch der Grenzwertüberwachung können kostengünstige Sensoren
derzeit nicht genügen.
Vorteile der Sensoren
Nichtsdestotrotz bieten die kostengünstigen Sensoren auch Vorteile und neuartige Einsatzmöglichkeiten. Die Messsysteme sind in der Regel sehr kompakt und weisen einen geringen Stromverbrauch auf. Sie können mobil und in hohen Stückzahlen eingesetzt werden, etwa zur Untersuchung der räumlichen Verteilung von Schadstoffen in der Außenluft. Entsprechende Studien zeigen einen deutlichen Nutzen für die kleinräumige Darstellung der Luftqualität und auch bei der Lokalisierung von Schadstoffquellen.
Sensorsysteme zur Luftqualität werden zunehmend auch bei bürgerwissenschaftlichen Studien (Citizen Science) eingesetzt, wo niedrige Kosten und Kompaktheit eine große Rolle spielen. Gerade bei sehr kostengünstigen Sensoren (weit unter 100 Euro) muss angesichts der Datenqualität und Rückführbarkeit jedoch geprüft werden, inwieweit sie sich überhaupt für eine bestimmte Fragestellung zu Luftschadstoffen eignen. Ein Vergleich mit standardisierten Messverfahren ist in jedem Fall erforderlich.
Standardisierung gestartet
Der rasant wachsende Markt für Sensormesssysteme – es gibt zahlreiche Herstellerfirmen sowie Systeme im Eigenbau – hat auch zu ersten Standardisierungsaktivitäten für diese Messsysteme geführt. Eine Arbeitsgruppe im Europäischen Komitee für Normung (CEN) entwickelt spezifische Verfahrensanforderungen und ein klassifiziertes Testverfahren unter festgelegten Labor- und Feldbedingungen. Die Arbeiten, die von deutscher Seite von der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) organisiert werden, zielen darauf, einerseits Mindestanforderungen zur Sicherstellung der Datenqualität von Sensoren zu gewährleisten, andererseits aber den Aufwand für entsprechende Eignungsprüfungen nicht ausufern zu lassen.
Zusammenfassend lässt sich bezüglich des Einsatzes von Sensormesssystemen feststellen: Derzeit können sie die traditionellen Messsysteme zum Überwachen der Luftschadstoffgrenzwerte nicht ersetzen. Ein ergänzender, forschungsorientierter Einsatz der Sensoren erscheint jedoch vielversprechend, zum Beispiel um in einer Stadt Luftschadstoffmessungen räumlich zu verdichten oder um Schadstoffquellen besser zu lokalisieren. Voraussetzung jedoch ist, geeignete Verfahren zur Kalibration und Qualitätssicherung der Sensoren zu erarbeiten und offenzulegen. Bei einer Beurteilung der durch Sensormesstechnik generierten Zusatzinformationen sind stets die genannten Einschränkungen zu berücksichtigen.
Kommentare
Inzwischen haben 2 Leser einen Kommentar hinterlassen.Guten Tag, weitere Informationen lassen sich unter den folgenden Links finden:
https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC116534
https://pudi.lubw.de/detailseite/-/publication/90536
Freundliche Grüße vom VDI-Team
Sehr geehrter Herr Jacobi,
Vielen Dank für diesen informativen Beitrag.
Ist es Ihnen möglich Informationen zu diesen "einfachen" Sensoren zu senden?
Mit freundlichen Grüßen
U. Tochtrop
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