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Laut einer Studie von VMware, Innovationsführer im Bereich Unternehmenssoftware, können sich 40 Prozent der Deutschen vorstellen, ein autonomes Fahrzeug zu nutzen. Gleichzeitig können es sich aber 39 Prozent nicht vorstellen, mit einem autonomen Fahrzeug zu fahren. Woher kommt diese Diskrepanz?
Grund ist mangelndes Vertrauen – vor allem in die Sicherheit autonomer Fahrzeuge im Straßenverkehr. Wir sind zwar tagtäglich in Kontakt mit neuen Technologien, allerdings fehlen uns immer noch Erfahrungswerte mit vollautomatisierter Technologie. Bei Skeptiker*innen überwiegt die Angst vor Fehlentscheidungen des Autos und vor Angriffen auf das IT-System des Fahrzeugs. Unfälle autonom fahrender Fahrzeuge tragen ihren Teil dazu bei. Auf der anderen Seite stehen die Befürworter*innen, die auf eine erhöhte Sicherheit durch autonome Fahrzeuge hoffen. Was stimmt nun also: mehr oder weniger Sicherheit durch autonome Fahrzeuge? Expertinnen und Experten gehen von einer Revolution der Sicherheit im Straßenverkehr durch selbständig fahrende Autos aus. Denn Studien zeigen, dass menschliches Versagen wie Müdigkeit, eingeschränkte Fahrtüchtigkeit oder Ablenkung derzeit bei neun von zehn Unfällen eine Rolle spielt. Unfälle werden reduziert – Verkehrstote können verhindert werden. In einem Punkt kann ich die Unsicherheit allerdings nachvollziehen: die Interaktion autonomer Fahrzeuge mit dem menschlichen Handeln gestaltet sich komplex. Autonome Fahrzeuge können das irrationale Handeln von Menschen nur schwer vorhersagen. Daher werden von Menschen verursachte Unfälle in den meisten Fällen toleriert – liegt die Schuld bei der Technologie, wird diese sofort hinterfragt.
Autonome Fahrzeuge müssen noch vieles Lernen
Besonders vergangenen Winter, als wir aufgrund stark verschneiter Straßenverhältnisse mit Handzeichen und Kopfnicken im Straßenverkehr kommunizieren mussten, stellte ich mir folgende Frage: Wie sollen autonome Fahrzeuge in dieser Situation agieren?
Betrachten wir an dieser Stelle zwei oder mehrere autonome Fahrzeuge, die in dieser Situation aufeinandertreffen: Tesla hat das bei weitem ausgereifteste Verfahren für autonomes Fahren entwickelt, das mittels Schwarmintelligenz sämtliche Fahrten aller Tesla-Fahrzeuge weltweit zentral analysiert und durch Algorithmen vereinfacht. So könnten sich in dieser Situation zwei Tesla-Fahrzeuge prinzipiell über die zentrale Steuerung und Analyse direkt miteinander verständigen, wer auf einer aufgrund von Schneefall nur zum Teil befahrbaren Straße Vorfahrt hat. Bestände der Straßenverkehr also nur aus autonomen Fahrzeugen eines Herstellers, sähe die Situation deutlich unkomplizierter und auch sicherer aus. Doch bis sich alle Fahrzeuge sämtlicher Hersteller miteinander unterhalten können, ist es noch ein weiter Weg.
Der Konkurrenzkampf wächst
Es bleibt also weiterhin spannend: Welcher Hersteller wird sich auf dem Markt etablieren und autonomes Fahren alltagstauglich machen?
Auch deutsche Unternehmen springen auf den Zug des autonomen Fahrens auf. Intel hat beispielsweise 2017 die Firma MobilEye gekauft, die auf Hardware für autonome Fahrzeuge spezialisiert ist, und kooperiert nun mit BMW im Bereich Autonomie. Die einstigen Rivalen BMW, Daimler und VW arbeiten zusammen, um das autonome Fahren möglichst bald Realität auf deutschen Straßen werden zu lassen. Auch gibt es auf deutschen Autobahnen bereits einige Teststrecken für selbstfahrende Autos.
Um Fahrzeuge zur Autonomie zu verhelfen, werden grundsätzlich zwei Dinge benötigt: die entsprechende Hardware, über die Informationen der Außenwelt aufgenommen werden, sowie eine in speziellen Computern verbaute Software, über die diese Informationen verarbeitet werden. Die im Auto genutzte Software eignet sich das Autofahren ähnlich an wie der Mensch und lernt durch jede Korrektur des Menschen dazu. Durch Schwarmintelligenz steigt die Intelligenz autonomer Fahrzeuge stetig. Dabei werden die vom Fahrzeug aufgenommenen Informationen an ein Rechenzentrum gesendet, ausgewertet und an weitere autonome Fahrzeuge weitergeleitet. Autonome Fahrzeuge lernen also nicht nur für sich, sondern teilen ihr Wissen mit anderen Fahrzeugen.
Es gibt noch Vieles zu klären ...
Es ist schwierig zu sagen, wann autonomes Fahren Alltag auf unseren Straßen wird. Betrachten wir allerdings die ersten Auswertungen zu autonomen Testfahrten vom Weltmarktführer Apple, wird deutlich, dass autonome Fahrzeuge noch nicht zu 100 Prozent ausgereift sind. Daraus geht hervor, dass auffällig oft menschliches Eingreifen erforderlich war. Zwischen April 2017 und November 2018 wurden 76.500 „Disengagements“ gezählt – also Situationen, in denen der Mensch eingreifen musste, beispielsweise durch einen Griff ans Lenkrad. Diese Zahl liegt meines Erachtens doch sehr hoch und zeigt, dass die Technologie noch verbessert werden muss.
Derzeit ist eine Welt, in der autonome Fahrzeuge Normalität auf unseren Straßen sind, nicht vorzustellen. Grund ist hierbei vor allem die Unsicherheit der Menschen: wie funktioniert ein autonomes Fahrzeug? Was muss ich als Fahrer noch tun? Wer haftet bei Unfällen eines autonomen Fahrzeugs? Und auch ethische Gesichtspunkte sind strittig, beispielsweise nach welchen Kriterien der Algorithmus entscheidet, ob er einer Person ausweicht oder ob er das Leben seiner Insassin/seines Insassen aufs Spiel setzt. Diese Aufklärungsarbeit wurde in den letzten Jahren, in denen die Technologie stetig weiterentwickelt wurde, vernachlässigt. Erst wenn Vertrauen und Wissen aufgebaut wurde, kann über einen flächendeckenden Einsatz autonomer Fahrzeuge auf deutschen Straßen diskutiert werden. Wann dies allerdings der Fall sein wird, ist abzuwarten.
Über den Autor:
Matthias Schorer arbeitet bei VMware und ist dort für die Geschäftsentwicklung neuer VMware-Lösungen im Bereich Internet der Dinge verantwortlich.
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