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Samstag, 17.50 Uhr. Die Sonne scheint. Angenehme 25 Grad. Es herrscht buntes Treiben, denn vor dem Platz des Rathauses findet gerade ein Handwerkermarkt statt. Das Rathaus selbst ist geschlossen – zumindest für die Allgemeinheit. Denn im Krönungssaal trifft sich heute eine geschlossene Gesellschaft, um die Preisträgerin des Aachener Ingenieurpreises zu feiern.
Ich habe ein paar Stufen genommen und stehe draußen vor dem Eingang des Rathauses. Ich treffe zwei Kollegen. Einen Augenblick später kommen zwei Frauen die Treppen hinauf. Eine von ihnen ist der Star des Abends: die promovierte Chemikerin Melanie Maas-Brunner. Ihre Begleiterin meint, sie wären früh, könnten also ruhig noch die frische Luft für ein paar Minuten genießen. Kurz darauf kommen mehrere Personen. Es scheint, als würden sie die Preisträgerin gut kennen. Eine Stunde später weiß ich, dass einige davon alte Kommilitonen sind.
Ab in den Krönungssaal
Wenig später geht es hinein. Die Verleihung findet im Krönungssaal des Rathauses statt. Bis dahin sind es nur einige Treppenstufen nach oben. Zunächst sind erst wenige Gäste da; doch der pompöse Saal füllt sich in den nächsten 20 Minuten rasant. Seitens des VDI kommen auch der Präsident Univ.-Prof. Dr.-Ing. Lutz Eckstein sowie Direktor Dipl.-Ing. Adrian Willig. Ferner sind auch Prof. Dr.-Ing. Friedhelm Schlößer, seinerseits Vorsitzender des Landesverbands NRW, und Dr.-Ing. Dirk Menzler vom Aachener Bezirksverein gekommen. Viele der anderen Gäste sind mir fremd.
Zu einem Gong steuern dann alle ihre reservierten Sitzplätte an. Es stehen einige Reden auf dem Programm. Den Anfang macht Aachens Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen. Sie sagt: „Wir brauchen kluge Köpfe“, vor allem motivierte, gehe es jetzt doch darum, die Weichen für die Energiewende zu stellen. Der Chemie komme in diesem Kontext eine sehr wichtige Rolle zu, ergänzt der Rektor der RWTH Aachen, Professor Ulrich Rüdiger: Ob Rotorblätter für Windkraftanlagen, Batterien in Elektroautos oder Balkonkraftwerke, überall sei Chemie ein derart wesentlicher Bestandteil, dass ohne ihn gar nichts möglich wäre.
Im Kern eine andere chemische Verbindung
Für gute Lösungen müsse es auch mehr Technologieoffenheit geben, sagt Melanie Maas-Brunner selbst. Wie eine gute Lösung aussieht, zeigen ihre Anfänge in der BASF-Forschung: Sie startete mit der Entwicklung eines phthalatfreien Weichmachers, der als gesundheitlich unbedenklich eingestuft ist. Die damals maßgeblich von ihr entwickelte Alternative Hexamoll DINCH ist auch 20 Jahre später Bestandteil in vielen Kunststoffprodukten, etwa in Kinderspielzeug.
„Oh ja“, denke ich. Mit Weichmachern haben auch meine Kinder ständig Kontakt, und dann auch noch all die Cremes, und und und. Jetzt wird mir auch so langsam klar, weshalb auf der Bühne zwei große Glasbehälter stehen, in denen sich etliche kleine Quietscheentchen befinden. Kurz darauf sind sie sogar Thema: Während man das eine Entchen quetschen kann, sodass es vor lauter „Lebensfreude“ quietscht, so ist das andere so steinhart, dass es im Bogen wegfliegt, wenn man darauf haut. Das ist es also, an was Maas-Brunner unter anderem arbeitet – vielen Dank, Eric Siemes, sehr anschaulich demonstriert!
Unbedingt interdisziplinär arbeiten
Hm, wie kommt es, dass man technische Chemie studiert. Da denke ich gleich an die Schule. Denn ob ein Schulfach interessant herüberkommt oder nicht, steht und fällt mit der jeweiligen Lehrkraft. Melanie Maas-Brunner muss zumindest sehr vom Chemieunterricht fasziniert gewesen sein, denn weshalb sonst hat sie sich für das Fach an der RWTH Aachen eingeschrieben? Diese Vermutung ist nicht weit hergeholt, hat die 55-Jährige doch sogar ihren Lehrer zur Verleihung im Aachener Rathaus mitgebracht.
Die Preisträgerin weist in ihrer Rede deutlich darauf hin, dass die Verleihung ein Ergebnis sei, an dem viele andere beteiligt waren. Von nichts kommt nichts. Umso wichtiger sei ein Bildungssystem, das junge Menschen motiviert und ihnen Perspektiven aufzeigt. Man muss früh anfangen, interdisziplinär zu arbeiten und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Das Ziel heißt nämlich, die Zukunft voranzubringen und den nächsten Generationen eine lebenspositive Welt zu hinterlassen.
Lust auf Verantwortung und innovatives Denken
Von solch einen „Spirit", wie ihn Melanie Mass-Brunner ausdrückt, könnten wir gar nicht genug bekommen, betont VDI-Präsident Univ.-Prof. Dr.-Ing. Lutz Lutz Eckstein während seiner Rede. Es ginge schließlich darum, jungen Menschen „Lust auf Verantwortung und innovatives Denken zu vermitteln“. Das sei auch eine der zentralen Aufgaben des VDI: „Den Ingenieur-Nachwuchs zu fördern, Ingenieurinnen und Ingenieure lebenslang zu begleiten und ihnen eine starke Stimme zu geben, Lösungen zu unterstützen und technologieoffen zu sein, zählen zu den täglichen Aufgaben unseres Vereins“.
Maas-Brunners konsequentes Streben wird auch deutlich, wenn sie über Hürden und Hemmnisse spricht: „Wir alle wollen eine CO2-neutrale Welt. Dafür müssen wir unsere Innovationskraft aber auch heben dürfen. Es braucht Regulierungen, die nicht auf Verbote angelegt sind, sondern Innovationen ermöglichen und beschleunigen“, erklärt sie. Bei BASF SE, wo sie seit 2021 Vorständin und Standortleiterin im Werk Ludwigshafen ist, geht man derweil neue Wege: Beschäftigte können eigene Ideen verfolgen und sie bis zur Ausgründung führen. Hierfür wurde eine Innovationsplattform namens Chemovator aufgebaut.
Weshalb es den Aachener Ingenieurpreis gibt
Der Aachener Ingenieurpreis ist eine gemeinschaftliche Auszeichnung der RWTH und der Stadt Aachen – mit freundlicher Unterstützung des VDI als Preisstifter. Jährlich ausgezeichnet wird eine Persönlichkeit, die mit ihrem Schaffen einen maßgeblichen Beitrag zur positiven Wahrnehmung oder Weiterentwicklung des Ingenieurwesens beziehungsweise der Wissenschaften geleistet hat.
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