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Nach Höherem streben
Die Idee und der Wille der Menschen, besonders hohe Gebäude zu erschaffen, sind nicht neu. Bereits im Mittelalter erbauten die Menschen zur Ehre Gottes gewaltige Kathedralen. Der im Jahr 1248 begonnene und 1880 endgültig fertiggestellte Kölner Dom war mit seinen 157,38 Metern einst das höchste Gebäude der Welt. Doch auch, wenn er bereits nach 4 Jahren vom Washington Monument mit 169 Metern übertroffen wurde, so dauerte es noch einige Jahrzehnte bis Architekt*innen und Ingenieur*innen die 200-Meter-Marke bezwingen konnten. Bei den Höhenrekorden muss man generell jedoch zwischen Hochhäusern bzw. Wolkenkratzern und „einfachen“ hohen Bauwerken, wie z.B. Kirchtürmen und Sendemasten unterscheiden. Wolkenkratzer sind durch Zwischendecken, Mobiliar und technischer Ausstattung relativ schwer und daher deutlich schwieriger zu konstruieren.
Die technischen Grundlagen
Zum Ende des 19. Jahrhunderts stiegen die Grundstückspreise vor allem in amerikanischen Großstädten stark an. Grundstücksbesitzende begannen daher damit, ihre vorhandenen Flächen wirtschaftlicher zu nutzen. Dies bedeutete vor allem, in die Höhe zu bauen. Um dies bewerkstelligen zu können, waren jedoch neue Erfindungen nötig. Denn je höher die Gebäude wurden, umso mehr Gewicht lastete auf den untersten Mauern. Ab einer gewissen Höhe waren die Lasten so groß, dass diese nicht mehr in den Baugrund abgetragen werden konnten. Dieses Problem ließ sich durch die Entwicklung des Stahlsklettbaus inklusive hochfestem Baustahl sowie ultrahochfestem Beton lösen. Hierdurch wurden andere Bauteilquerschnitte und somit geringere Gewichte möglich. Hinzu kamen elektrische Aufzuganlagen, die Personen innerhalb des Gebäudes schnell transportieren konnten.
Dem Himmel so nah
Weltrekord mit 42 Metern
Das erste Bauwerk was all diese technischen Erfindungen vereinte, war das „Home Insurance Building“ in Chicago von 1885. Mit insgesamt zehn Etagen und einer Höhe von 42 Metern gilt es als erstes modernes Hochhaus der Welt. Neben Chicago begann auch New York in den folgenden Jahren und Jahrzehnten mit der Fertigstellung immer höherer Gebäude. 1908 wurde mit dem „Singer Building“ erstmals die magische Höhe von 150 Metern übertroffen.
Bis heute weltberühmt und beliebtes Fotomotiv: Das Empire State Building in Manhattan. Mit einer Höhe von 381 Metern und 102 Stockwerken (ab 1950 449 Metern, ab 1984 443 Metern) war es zwischen 1931 und 1972 das höchste Gebäude der Welt. In Deutschland ist der „Commerzbank Tower“ in Frankfurt der höchste Wolkenkratzer. Mit einer Höhe von 259 Metern und 56 Etagen war es bis zum Jahr 2003 das höchste Gebäude in Europa. Dieser Titel geht seit Januar 2018 an das „Lakhta Center“ in Russland mit einer Höhe von 462 Metern.
Seit Januar 2009 ist das „Burj Khalifa“ in Dubai mit einer Höhe von 830 Metern nicht nur der höchste Wolkenkratzer der Welt, sondern auch das höchste jemals errichtete Gebäude. Innerhalb der 5 Jahre langen Bauzeit wurden insgesamt 163 nutzbare Etagen geschaffen, die von 57 Aufzügen angefahren werden. Übrigens wurden auch einigen tausend Tonnen Stahl in den oberen Geschossen aus dem abgerissenen Palast der Republik verwendet. Doch bereits 2020 soll dieser Rekord abgelöst werden. In Saudi-Arabien entsteht ein Wolkenkratzer der Superlative. Der „Jeddah Tower“ soll der erste Wolkenkratzer sein, der die Kilometergrenze durchbricht. Wenn der „Jeddah Tower“ 2020 in der Stadt Dschidda fertiggestellt ist, wird er eine Höhe von 1007 Metern erreichen. Auf einer Fläche von rund 500.000 Quadratmetern auf 167 Etagen sollen Büros, Wohnflächen, ein Hotel sowie verschiedene Touristenattraktionen entstehen. Unter anderem soll die höchste Aussichtsplattform der Welt auf 664 Metern Höhe ihren Platz finden. Die veranschlagten Kosten liegen bei rund 1,4 Milliarden Dollar. Der für den Bau verantwortliche Architekt Adrian Smith hat bereits einige Erfahrung: Er baute bereits den Burj Khalifa.
Technik Made in Germany
Die Herausforderungen bei dem Bau der heutigen Wolkenkratzer sind dennoch vielfältig. Damit Gebäude, wie der „Jeddah Tower“ und der „Burj Khalifa“, Stürmen standhalten können, benötigen sie ein tiefes Fundament. Dabei werden Gründungspfähle bis zu 110 Meter tief in den Boden gerammt. Das benötigte Know-how hierzu kommt aus dem oberbayerischen Schrobenhausen. Eine weitere spannenden Aufgabe: Wie kommt der benötigte Spezialbeton, der eine viermal so hohe Druckfestigkeit wie Normalbeton hat, schnell genug vom Mischwerk am Boden in luftige Höhen? Der klassische Weg, den Beton in Kübel zu füllen und mit Kranen nach oben zu befördern, dauert aufgrund der hohen Temperaturen und der Spezialrezeptur des Betons zulange. Auch hier helfen das Fachwissen und die Technologie deutscher Speziallisten. Ein Unternehmen aus dem schwäbischen Aichtal entwickelte eigens für Hochhausprojekte ein Rohr-Fördersystem mit entsprechenden Hochleistungspumpen. Das System bietet, dank spezieller Führungen der Rohre, einfache Austauschmöglichkeiten für schadhafte Rohre. Diese sind aufgrund der mechanischen Belastung durch Kies und Wasser hohen Belastungen ausgesetzt, was einen entsprechenden Verschleiß nach sich zieht.
Für die Montage der Fassaden an Hochhäusern ist höchste Präzision gefragt, damit die Gebäude vor Wind, Regen, Sonne und anderen Einflüssen, etwa Sandstürmen, geschützt sind. Die dafür notwendigen Spezialkenntnisse liefert ein mittelständisches Unternehmen aus Langenfeld bei Düsseldorf. Mit Hilfe von speziellen Befestigungsschienen, die bereits während des Baus einbetoniert werden, können die Fassadenelemente schnell und exakt eingeklinkt werden.
Limitierend waren bisher auch die Lasten einzelner Komponenten: Vor allem die immensen Gewichte der Stahlseilen, die für den Betrieb der Aufzüge nötig sind, machten oftmals Probleme. So mussten die gewaltigen Zugkräfte durch aufwändige Transportkonzepte und Verteilung der Aufzüge im Gebäude aufgefangen werden. Doch auch hier schreitet die die Entwicklung voran. Bereits letztes Jahr stellte ein deutsches Unternehmen den elektromagnetischen Aufzug ohne Seil vor, der sogar Querfahrten zulässt, wodurch völlig neue Möglichkeiten entstehen.
Mit dem Aufzug nach oben
thyssenkrupp Elevator unveils MULTI, one of the industry's most forward-thinking innovations created since the 19th century: the world’s first rope-less and sideways-moving elevator system. Instead of one cabin per shaft moving up and down, the MULTI offers multiple cabins operating in loop, like a metro system inside a building.
Ingenieurinnen und Ingenieure aus Deutschland finden innovative Lösungen
Bei den genannten Herausforderungen sind es vielfach Ingenieurinnen und Ingenieure aus Deutschland, die dazu beitragen, innovative Lösungen bei Planung, Bau und Betrieb der höchsten Gebäude der Welt zu finden. Oftmals finden sich die Weltmarktführer der verbauten, bzw. beim Bau im Einsatz befindlichen Systeme in Deutschland. Auch werden Planung und Bau häufig an deutsche Firmen vergeben.
Die derzeit wohl größten Beschränkungen liegen in den teilweise immensen Kosten. Mit zunehmender Höhe werden die Stockwerke immer teurer und setzen damit dem Streben nach Höhe ein Ende, schon lange bevor die Technik an ihre Grenzen stößt. Doch mit der technologischen Weiterentwicklung und der Verdichtung des immer kostbarer werdenden Baugrunds bietet die Zukunft noch Raum für weitere Höhenrekorde.
Die immensen Kosten setzen dem Streben nach Höhe ein Ende, schon lange bevor die Technik
an ihre Grenzen stößt.
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