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Wann lohnt sich ein Roboter?
Die Automatisierung mit kollaborierenden Robotern (kurz: Cobots) ist ein zunehmend gefragtes Mittel, um Abläufe in der gesamten Wertschöpfungskette zu optimieren. So kommt es, dass Betriebe sich oftmals die Frage stellen, bei welchen Prozessen sie mit dem Einsatz der Technologie starten können. Drei einfache Überlegungen reichen aus, um den Einstieg erfolgsbringend zu gestalten.
Anke, womit beschäftigt sich dein Fachbereich schwerpunktmäßig?
Wir erstellen Richtlinien und Normen zur Erfassung und Bewertung der Wirkung von Luftverunreinigungen auf umweltbezogene Schutzgüter: Also Menschen – mit dem Schwerpunkt der Gesundheitsvorsorge – Tiere, Pflanzen, den Boden sowie Sach- und Kulturgüter. Damit untermauern wir auch das Bundesimmissionsschutzgesetz. Unser Ziel ist es, diese Schutzgüter vor schädlichen Umwelteinflüssen zu schützen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir wissen, wie die Schutzgüter reagieren.
Gibt es den Fachbereich eigentlich schon lange oder wurde er erst vor Kurzem gegründet? Und gab es dazu einen besonderen Anlass?
Der Fachbereich „Umweltqualität“ existiert seit Gründung der Kommission Reinhaltung der Luft im Jahr 1957. Schon einige Jahre vor der aufkommenden, umweltpolitischen Diskussion hat die Kommission Reinhaltung der Luft begonnen, Richtlinien zur Luftreinhaltung zu erarbeiten. Sie konnte so dazu beitragen, dass sich der VDI schon früh mit zahlreichen Handlungs- und Bewertungsanleitungen in die Diskussion eingebracht hat.
Der Klimaveränderung entgegen wirken
Mit der Wahl des aktuellen Fokusthema 1,5 Grad will der VDI aufzeigen, wie Ingenieur*innen dazu beitragen können, die Erderwärmung zu begrenzen. Wie bringt sich dein Fachbereich „Umweltqualität“ ganz konkret ein?
Hier kann ich zwei Schwerpunkte nennen: Zum einen zahlt die Richtlinie VDI 3956 Blatt 1 auf das Fokusthema ein. Sie erscheint im September 2020 und beschreibt ein Prüfverfahren für die realitätsnahe Abbildung und Bewertung des staubbedingten Verschmutzungsverhaltens solarer Energiesysteme. Vor dem Hintergrund, dass in unserem zukünftigen Energiesystem Fotovoltaik oder Sonnenkraftwerke wichtige Bestandteile sein werden, haben wir riesige Moduloberflächen aus Glas. Dort lagert sich Schmutz, unter anderem in Form von Stäuben, Pollen, Partikeln und Industrieabgasen ab. Die Oberflächen müssen entweder kostenintensiv gereinigt oder mit einer Antistaubbeschichtung versehen werden, denn der Schmutz bringt erhebliche Leistungseinbußen der Systeme mit sich. Der zweite Schwerpunkt ist das Biomonitoring, das der Fachbereich „Umweltqualität“ schon seit über 30 Jahren verfolgt. Lange Zeit lag der Fokus dabei auf der Ermittlung und Beurteilung der Wirkung von Luftverunreinigungen auf die eingesetzten Bioindikatoren, wie zum Beispiel Regenwürmer, Grünkohl und Gras. In den letzten Jahren hat sich der Einsatzbereich von Biomonitoring-Verfahren in Richtung der Wirkungsermittlung von Klimaveränderungen erweitert. Flechten, Moosen und Luftalgen als Bioindikatoren, die besonders sensibel reagieren, können durch ihre Verbreitungsmuster als Frühwarnsysteme dienen. Biomonitoring trägt so zwar nicht direkt dazu bei, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, aber es gibt uns die Möglichkeit zu beobachten, was passiert, wenn wir dieses Ziel nicht einhalten. Vor allem können wir früher reagieren.
Der Fachbereich „Umweltqualität“: ganz nah an der Gesellschaft
Auch über den Beitrag zum Klimaschutz hinaus hält die Zukunft viele neue Herausforderungen für Ingenieur*innen und Naturwissenschaftler*innen bereit. Wo siehst du deinen Fachbereich in den kommenden fünf bis zehn Jahren? Welchen Beitrag können die Expert*innen des Fachbereichs „Umweltqualität“ leisten, um die Zukunft für die Menschen lebenswerter zu gestalten und gleichzeitig die Umwelt zu schützen?
Fünf bis zehn Jahre – das ist genau der Zeitraum, in dem bei uns Richtlinien und Projekte entstehen. Ich sehe meinen Fachbereich dabei auch weiterhin ganz nah an der Gesellschaft. Das liegt an den Wirkungsfragen, mit denen wir uns beschäftigen, und da setzen auch unsere Herausforderungen für die kommenden Jahre an: Als großes Zukunftsthema steht die „Hitze in Städten“ ganz oben auf der Liste. Es liegen schon gute Arbeitsgrundlagen vom Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen vor. Darauf können wir für die Richtlinienarbeit aufbauen und auf den Klimawandel in Städten und die Auswirkungen für sensible Personengruppen, beispielsweise alte Menschen, eingehen. Ein weiteres Zukunftsthema, das unsere Ehrenamtlichen besonders engagiert aufgenommen haben, ist „Mikroplastik in der Luft“. Wir wissen nämlich noch gar nicht, wie Mikroplastik transportiert wird, und neben den Transportwegen übers Wasser scheint es ja auch welche über die Luft zu geben. Wie Mikroplastik dann in menschliche und tierische Organismen und in die Pflanzen- und Bodenwelt gelangt und wirkt, das ist ein riesiges Thema, wo wir noch ganz am Anfang stehen und gemeinsam mit unseren Experten schauen müssen, wie der Regelungsbedarf aussehen kann.
Gibt es andere (Fach-)Bereiche beziehungsweise Gesellschaften im VDI, mit denen du und deine Kolleg*innen zusammenarbeiten?
Oh, da gibt es einige: Wir arbeiten natürlich mit den anderen drei Fachbereichen der KRdL ganz eng zusammen, wenn es um die Erfassung und Bewertung von Bioaerosolen und deren Wirkung geht. Speziell mit dem Fachbereich „Umweltmeteorologie“ der KRdL wollen wir das Thema „allergierelevante Pollen“ angehen. Die Allergieproblematik wird sich voraussichtlich durch den Klimawandel noch verstärken. Sowohl über das automatisierte Pollenmonitoring, als auch bezüglich des Zusammenhangs zwischen Pollenallergien und Luftqualität werden wir hier weitere Erkenntnisse gewinnen und in die Regelsetzung überführen. Aber auch andere Querschnittsthemen werden erfreulicher Weise immer mehr, und da ist es toll, dass sich so viele Synergieeffekte zu den anderen Fachgesellschaften zeigen. Durch jedes neue Projekt kommen neue Anknüpfungspunkte dazu, wie zum Beispiel ganz aktuell mit der Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik (GBG) zum Ausbruchsmanagement von Legionellen. Mit der Gesellschaft Energie und Umwelt (GEU) haben wir Schnittmengen bei Mikroplastik und Umweltindikatoren, und beim Biomonitoring und der Biodiversität arbeiten wir mit der Gesellschaft Technologie of Life Sciences (TLS) zusammen.
Auf die Wirkung kommt es an
Mal angenommen, du wärst kein VDI-Mitglied. Würde dich die Arbeit des Fachbereichs „Umweltqualität“ überzeugen, Mitglied zu werden? Wenn ja, was daran genau?
Auf jeden Fall! Allein schon wegen meinem persönlichen, großen Interesse an den Wirkungsfragen. Die finde ich total spannend und haben mich immer schon fasziniert. Sie waren letztlich auch der Grund, warum ich mich bei der KRdL beworben habe … (lacht).
Wie könnte der Fachbereich seine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit noch verbessern?
In Sachen Öffentlichkeitswahrnehmung machen wir überwiegend Expertenforen und platzieren Veröffentlichungen zu aktuellen fachbereichsspezifischen Themen auf vdi.de. Dadurch, dass wir ein sehr diverser Fachbereich sind, der viele Interessen unter einem Hut vereint, ist natürlich eine Abstimmung über das, was an die Öffentlichkeit gehen kann, immer etwas langwieriger. Da würde ich mir manchmal wünschen, dass wir schneller reagieren oder plakativer werden können. Zur Fotovoltaik-Richtlinie haben wir ein Webinar auf die Beine gestellt, auch einen Podcast könnte ich mir gut vorstellen – der VDI bietet da so viele Medien und Kanäle, die es klug zu bespielen gilt.
Europäische Expertise zu Bioaerosolen
Und dein ganz persönliches Highlight in der Arbeit im Fachbereich „Umweltqualität“? Also, was war oder ist besonders spannend? Wo hast du richtig was nach vorne gebracht?
Mein persönliches Highlight ist das Arbeiten in einem tollen Team – sowohl haupt- als auch ehrenamtlich! Wir haben eine breite fachliche Expertise und persönlich passt es auch sehr gut. Da ich erst zwei Jahre dabei bin, kann ich noch nicht auf so eine große Zahl an Veranstaltungen oder andere Produkte zurückblicken. Hervorheben möchte ich aber auf jeden Fall das Expertenforum „Bioaerosole“ aus dem Jahr 2019. In Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) in Berlin haben wir Experten aus ganz Europa zusammengebracht. Mir ist dabei bewusst geworden, dass der VDI bereits eine beeindruckende Vielzahl wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Thema Bioaerosole in seine Richtlinien überführt hat – das hat mich stolz gemacht.
Interview: Alice Quack
Infos: Hier geht es zur Website des Fachbereichs und zur Themenseite des Fokusthemas 1,5 Grad. Darüber hinaus ist gerade die neue VDI-Richtlinie 3787 Blatt 8 „Umweltmeteorologie; Stadtentwicklung im Klimawandel“ erschienen.
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