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BETRACHTET
Bild: Frank Magdans
Recycling Umweltbewusstsein

MüllverwertungBioabfall – die unterschätzte Energiequelle

Täglich produzieren wir Müll und entsorgen ihn – im besten Fall sortenrein in den dafür vorgesehenen, farbigen Tonnen oder auch Säcken. Doch was steckt drin in den Hinterlassenschaften des modernen Haushalts?

Blau für Papier, grau für Restmüll, gelb für Wertstoffe, braun oder grün für Bioabfälle, Glas landet im Container – laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland im Jahr 2020 pro Einwohner circa 480 Kilogramm (kg) Haushaltsabfälle angefallen. Davon 160 kg Hausmüll, 150 kg Wertstoffe und 130 kg Bioabfälle. Dies sind insgesamt vier Prozent mehr als im Vor-Coronajahr 2019. 

Schauen wir uns nun einmal an, was mit den organischen Abfällen, also dem Bioabfall, passiert. 

Sortenreine Trennung: nicht nur gut für die Umwelt

Bioabfall macht den kleinsten Anteil am Müllaufkommen aus. Gemäß § 11 Kreislaufwirtschaftsgesetz ist die flächendeckende Sammlung von Bioabfall seit dem 01. Januar 2015 Pflicht. Bis dahin landeten jedes Jahr rund fünf Millionen Tonnen dieser Ressource im Restmüll oder – noch schlimmer – in der Toilette. Letzteres teils aus Gedankenlosigkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher oder weil die Kommunen noch keine Biotonnen zur Verfügung gestellt hatten.

Selbst im Jahr 2019 verfügten laut einer Studie des Umweltbundesamts erst die Hälfte aller Haushalte über eine Biotonne. Glücklich dran ist, wer einen Komposthaufen im Garten hat und dafür sogar finanzielle Unterstützung erhält. Einige Gemeinden bezuschussen den Kauf eines Komposts, um die kommunale Müllentsorgung zu entlasten. Wer kann, sollte seinen Bioabfall im eigenen Garten recyclen. Aber im Bioabfall steckt noch viel mehr als die Grundlage für selbst produzierten Dünger.

Inzwischen hat sich die Anzahl der Biotonnen erhöht. Das Potenzial des Bioabfalls wird mehr und mehr erkannt – sortenreine Trennung vorausgesetzt. Was heißt das konkret und warum ist gerade Bioabfall eine so wertvolle Ressource? 

So viel passt in ein Müllfahrzeug

Fangen wir mit der Abfuhr an: Ein Müllfahrzeug fasst bis zu 12 Tonnen Hausmüll, das entspricht einer Ladung von 400 bis 500 Mülltonnen. Diese enorme Menge wird erst möglich, weil der Müll mit einer hydraulischen Presse im Inneren des Müllfahrzeugs verdichtet wird. Müllfahrzeuge der neuesten Generation verfügen an der Schütte über einen Scanner, der die Biotonnen durchleuchtet, bevor sie geleert werden. Werden nicht-kompostierbare Stoffe, wie vor allem Metalle, erkannt, ertönt ein Signalton.

Die Tonne wandert ungeleert zurück an den Straßenrand, und die „Müllsündigen“ werden darauf hingewiesen, künftig nur sortenreinen Bioabfall in die Tonne zu geben. Bei wiederholtem Verstoß werden die Tonnen nicht mehr geleert. Dann müssen die Betroffenen ihren Bioabfall künftig in der deutlich teureren Restmülltonne entsorgen.

Übrigens: Selbst Tüten aus sogenanntem Biokunststoff verunreinigen den Bioabfall. Durch schlechtes bis nicht vorhandenes Rottevermögen verhindern sie, dass hochwertiger Kompost hergestellt werden kann. Außerdem lässt jeder zusätzliche Sortieraufwand die Gebühren steigen. Korrekte Mülltrennung, gerade beim Bioabfall, lohnt sich also für die Umwelt und fürs eigene Portemonnaie.

Aus der Tonne in die Lampe

Am Ende des Abfuhrtags wird der überwiegende Anteil des komprimierten Bioabfalls zur Weiterverarbeitung in eine Kompostieranlage verbracht, wo er, als Ersatz für Mineraldünger und Torf zu Kompost verarbeitet wird – ein wichtiger Beitrag zum Beispiel zum Schutz der Moore. Nachhaltiger und obendrein klimaneutral ist die sogenannte Kaskadennutzung des Bioabfalls, also eine stoffliche und zusätzlich energetische Verwertung. Aktuell wird das allerdings erst für circa ein Viertel des gesamten Bioabfallaufkommens praktiziert.

Die übrigbleibenden Gärreste des Bioabfalls können dazu in einer Kompostieranlage weiterverarbeitet und als Kompost verwertet werden. Bevor es dazu kommt, wird der Bioabfall zunächst für die Strom- und Wärmegewinnung eingesetzt: Bakterien bauen organische Abfälle in einer fast sauerstofffreien Umgebung biologisch ab, wodurch ein energiereiches Biogas entsteht.

In einem Blockheizkraftwerk wird mithilfe dieses Biogases Strom und Wärme erzeugt (Kraft-Wärme-Kopplung). Ein Motor, der das Gas verbrennt und damit nutzbare Wärme liefert, treibt einen Generator an, der Strom erzeugt. Dieser wird anschließend in das Stromnetz eingespeist. Als Beispiel: Eine Bananenschale liefert geschätzt 34 Minuten Licht beim Betrieb einer 11-Watt-Lampe, Essensreste wegen des hohen Nährstoffgehalts noch mehr – wem da kein Licht aufgeht … 

Hinweis

Zum Thema „Biogasanlagen“ haben die zuständigen Fachbereiche der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt sowie der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft zahlreiche Richtlinien erarbeitet: VDI 4630 (Vergärung organischer Stoffe), VDI 4631 (Gütekriterien) und VDI 3475 (Richtlinienreihe zur Emissionsminderung). In die Neufassung 2021 der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) hat die Redaktion unter anderem die Biogasanlagen mit aufgenommen.

Unsere Autorin

Alice Quack

Kommentare

Inzwischen haben 7 Leser einen Kommentar hinterlassen.
VDI | 16.09.2022

Hallo Herr Lindner, Fehlwürfe sind in der Abfallwirtschaft ein Problem, nicht nur beim Bioabfall. Beim Vergärungsprozess stören diese Fehlwürfe nicht nur im Produkt Gärrest, sondern können auch die Vergärungsanlage außer Betrieb setzen. Bei der Vergärung und Kompostierung von Bioabfällen wird ein Großteil der Fehlwürfe vor dem Vergärungsprozess mechanisch, wie zum Beispiel durch Siebung, herausgetrennt. Trotzdem ist jeder Verbraucher gefordert, seine Abfälle „ordentlich“ zu trennen. Freundliche Grüße vom VDI-Team

Hans-Joachim Wächter | 15.09.2022

Das gezeigette Bild ist eine Idealzusammenstzung des Inhalts einer Biotonne. Die Realität zeigt, dass immer ein Anteil verholzter Biomasse z.B. aus Strauchabschnitt enthalten ist. Bei sauberer Trennung bereits bei der Erfassung der Biomasse enthält sie schon ein beachtenswerte Energiepotenzial für Biogaserzeugung. Die Biogaserzeugung erfordert jedoch eine ganzheitliche Betrachtung. Es verbleiben ein fester und ein flüssiger Gärrückstand. Nur bei besonders leistungsfähigen Biogasanlagen enthalten sie "nur" 5 % Kohlenstoff, meistens eher bis zu 20 %. Wohin damit? Sie können als Düngemittel nur in den Wachstumsmonaten, und das sind nur wenige im Jahr, ausgebracht werden. Wohin mit den Gärrückständen in den anderen Monaten? Selbst wenn bei den Biogasanlagen genügend Lagerkapazität vorhanden ist, können die gesammelten Gärrückstände nicht vollständig in den Wachstumsmonaten ausgebracht werden. Das würde zu einer deutlichen Überdüngung führen. Technische Lösungen gibt es. Der feste Gärrückstand lässt sich als Beimischung zu Biomassen in einem Pyrolyseprozess energetisch verwerten, der flüssige Gärrückstand lässt sich bis zu Brauchwasserqualität aufbereiten, wobei noch Flüssigdüngerkonzentrat gewonnen werden kann. Das ganzheitliche Verfahren ist in einer Pilotanlage in der Anwendung. Das Wort Biogas ist leicht gesprochen, aber der Weg dahin erfordert eine ganzheitliche Betrachtung. Das erwarte ich eigentlich beim VDI.

Wolfgang Vater | 13.09.2022

In einer Veröffentlichung des VDI dürfte eine undifferenzierte Aussage wie diese nicht veröffentlicht werden: "Übrigens: Selbst Tüten aus sogenanntem Biokunststoff verunreinigen den Bioabfall. Durch schlechtes bis nicht vorhandenes Rottevermögen verhindern sie, dass hochwertiger Kompost hergestellt werden kann."

Herbert Lindner | 13.09.2022

Im Artikel werden auch Fehlwürfe in die Biotonne angesprochen. Außerdem Biokunststoff, der nicht verrottet. Interessant wäre hier eine Aussage, was mit solchen Gärresten passiert, die dann nicht als Kompost irgendwo im Garten oder dem Feld landen dürfen. Das dies keine Einzelereignisse sind zeigt schon das Szenario, dass auch aus der Lebensmittelindustrie teilweise verpackte Reste in der Biogasanlage landen, die dann Gärreste hinterlassen die auf dem Feld sicherlich nicht gut aussehen. Also: was tun mit nicht als Dünger verwertbaren Gärresten?

Heinrich Hopfmüller | 13.09.2022

Mit Nutzung der Abwärme des BHKW steigt dessen Wirkungsgrad nochmals deutlich. Allerdings hat in der Vergangenheit die clevere Politik die Stromführung von BHKW subventioniert und es, ähnlich wie bei der Fotovoltaik, Privatbetreibern vermiest, in solche Technologie zu investieren. Die Abwärme wurde halt mit Wärmetauschern in die Atmosphäre abgeführt.
Es wäre sehr zu begrüßen, wenn durch vergährbare Abfälle die Anbaufläche von Mais für "Bio-"Gas reduzieren würde.

VDI | 06.09.2022

Hallo Herr Kohler, der Wirkungsgrad einer Vergärungsanlage ist schwierig zu ermitteln. Bei der Vergärung der Abfälle entsteht üblicherweise ein Gasgemisch aus 60 Prozent Methan und 40 Prozent Kohlenstoffdioxid. Dabei werden die Abfälle aber nicht vollständig mineralisiert, sondern es bleibt noch ein gewisser Anteil an organisch gebundenem Kohlenstoff im Gärrest, der aber die Grundlage für einen hervorragenden Dünger bildet. Der Wirkungsgrad von mit Gas betriebenen stationären BHKW bewegt sich in der Größenordnung von 40 Prozent. Sonnige Grüße vom VDI-Team

Rudolf Kohler | 01.09.2022

Es wäre schön, wenn dieser Beitrag mit Zahlen hinterlegt wäre. Wie viel Energie wird denn aus den Bioabfällen gewonnen? Wie hoch ist der Wirkungsgrad einer Vergärungsanlage?

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