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Wann lohnt sich ein Roboter?
Die Automatisierung mit kollaborierenden Robotern (kurz: Cobots) ist ein zunehmend gefragtes Mittel, um Abläufe in der gesamten Wertschöpfungskette zu optimieren. So kommt es, dass Betriebe sich oftmals die Frage stellen, bei welchen Prozessen sie mit dem Einsatz der Technologie starten können. Drei einfache Überlegungen reichen aus, um den Einstieg erfolgsbringend zu gestalten.
Jutta Saatweber ist seit 1962 Mitglied im VDI. 2017 wurde ihr für ihre langjährige ehrenamtliche Tätigkeit das Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Auf dem Deutschen Ingenieurtag 2019 wurde sie vom VDI ebenfalls geehrt. Im Interview erzählt die 80-Jährige Elektroingenieurin aus Bad Homburg, was es für sie bedeutet, Mitglied in einem Verein zu sein, von den Herausforderungen für Frauen früher und heute und was man erreichen kann, wenn man „lauter trommelt“.
Frau Saatweber, wie kam es, dass Sie Ingenieurin geworden sind?
Mathe lag mir immer und das Interesse für Technik wurde bei mir schon früh geweckt, obwohl ich ursprünglich Sportlehrerin werden wollte, das hat nicht geklappt. Aber generell wurde man als Frau mit Kindern, die arbeiten wollte, verpönt. Mir wurde unterstellt, dass ich meine Familie vernachlässigen würde. Das waren einfach ganz andere Zeiten.
Als ich von Ost-Berlin in den Westen zog, musste ich zuerst zum Arbeitsamt zur sogenannten „weiblichen Vermittlung“. Als weiblicher Ingenieur zu arbeiten, das war damals nahezu undenkbar (die Bezeichnung IngenieurIN gab es damals gar nicht). Ich bekam das Angebot, technische Zeichnerin zu werden, obwohl ich eine vollausgebildete Ingenieurin war. Ich lehnte ab. Dann kam es zu einem Zufall, der alles veränderte: Ich begleitete meinen Bruder zum Arbeitsamt. Er erläuterte dem Mitarbeiter vom Arbeitsamt gerade einen technischen Sachverhalt, als mir ein Fehler in seiner Erklärung auffiel, den ich korrigierte. Das fiel natürlich auf und der Herr vom Arbeitsamt bot mir einen Job im Ingenieurberuf an und mein Bruder bekam auch eine Anstellung. Irgendwann kam ich in einen Betrieb, der sich auf Mess- und Regelungstechnik spezialisiert hatte. Ich bildete mich in diese Richtung durch Kurse, die der VDI anbot, weiter und arbeitete dann lange Zeit in diesem Bereich. Später habe ich dann auch neben meinem Beruf Bücher u.a. zu Quality Function Deployment geschrieben.
Pionierinnen zeigen, was möglich ist
Wie war es damals für Sie als Frau in einer Männerdomäne?
Ich war zwar immer die einzige Frau, aber das hat mich nicht gestört. Auf einer fachlichen Ebene kommt man mit Männer ja ganz gut klar. (lacht)
Irgendwann war ich von meinen Kollegen akzeptiert, weil ich gute Arbeit leistete und gern in der Praxis arbeitete. Ich dachte immer ‚Eine muss ja mal den Anfang machen‘. Ich konnte beides vereinbaren – meine Familie, mein Mann und meine Kinder, und zugleich die Karriere. Das geht, wenn man will. Aber mir wurde mehr und mehr bewusst, dass zu wenige Frauen in technischen Bereichen arbeiteten und sich dafür interessieren. Daran wollte ich etwas ändern.
Wie haben Sie das gemacht?
Ich habe viele Jahre das VDI-Netzwerk „Frauen im Ingenieurberuf“ in Frankfurt am Main/Darmstadt geleitet, Veranstaltungen organisiert, Vorträge gehalten, Frauen zusammengebracht und mich für Frauen in der Technik stark gemacht. Viele Frauen behaupten, sie würden sich nicht für Technik interessieren, aber wenn man ihnen dann technische Verknüpfungen zu Dingen zeigt, mit denen sie zu tun haben, die sie interessieren, dann verändert sich diese Einstellung. So geht es mir z.B. häufig, wenn ich Entwicklungen aus der Bionik vorstelle. Ich denke, wenn man den Menschen klarmacht, dass Technik unser aller Alltag bestimmt und relevante Bezüge aufzeigt, dann erreicht und gewinnt man seine Zuhörer für ein Thema.
Die Ausrede vieler Frauen (auch noch heutzutage) „mit Technik habe ich nichts zu tun, das macht mein Mann“ kann und will ich nicht akzeptieren.
1989 habe ich einen Forderungskatalog geschrieben zum Thema „Vereinbarung von Beruf und Familie“. Der hat noch heute Gültigkeit und es ist immer noch wichtig, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, es zum öffentlichen Diskurs zu machen.
Wir Frauen und besonders diejenigen, die in technischen Berufen arbeiten, mussten schon immer lauter trommeln, um gehört zu werden.
Frauen in der Technik werden sichtbarer
Sie sind jetzt seit 57 Jahren Mitglied im VDI, welches waren die Ereignisse, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Oh, da gibt es einige! Zum einen wäre da die Hannover Messe 1988. Frauen vom VDI (FIB), vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE), der Deutsche Akademikerinnen Bund (DAB) und der deutsche ingenieurinnen bund e.v. (dib) hatten uns zusammengetan und einen gemeinsamen Stand organisiert. Eine Kollegin brachte sogar ihr Baby mit an den Stand – wir zeigten also, dass Kinder und Karriere sehr wohl vereinbar sind. Und ich glaube, dass das Baby das am meisten fotografierte Motiv der ganzen Messe war. (lacht)
Zur Eröffnung der Messe steuerten dann plötzlich Rita Süssmuth (von 1985 bis 1988 Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit und von 1988 bis 1998 Präsidentin des Deutschen Bundestages) und Birgit Breul (damals niedersächsische Finanzministerin), beide selbst Mitglied im DAB, unseren Stand an, gefolgt von den Pressevertretern. Auf diese Weise rückten wir Frauen der Technik natürlich besonders in den Vordergrund. Ich dachte damals, dass sich die Öffentlichkeit wahrscheinlich sonst gar nicht für uns interessiert hätte. Die Presse glaubte bestimmt, wir Frauen stehen da und verkaufen Kaffee oder ähnliches, aber durch die Anwesenheit der Politikerinnen an unserem Stand bekamen wir die Chance, zu zeigen, dass wir technische und relevante Inhalte zu bieten hatten! Das war ein toller Erfolg für uns und alle Frauen in der Technikwelt.
Die Zeitung titelte dann übrigens: „Sie zeigten Köpfchen statt Bein“! Heute unfassbar.
Zum anderen erinnere ich mich noch besonders gut an den Weltingenieurinnentag während der Expo 2000 in Hannover, den ich hauptverantwortlich organisiert habe. Alles vorzubereiten, zu planen und all die Ingenieurinnen von überall her zu erreichen und in Hannover zu versammeln, das war eine echte Herausforderung, die mich zeitweise an meine Grenzen geführt hat. Der Erfolg der Veranstaltung hat mich aber für die anstrengende Zeit belohnt und ich bin sehr stolz darauf, was wir da auf die Beine gestellt hatten. Und dann wäre da noch der erste gesamtdeutsche Ingenieurinnen Kongress (1990) in Bad Homburg vdH. zu nennen, zu dem auch Frauen aus der DDR eingeladen waren. Nach dem Mauerfall wurden leider viele von ihnen arbeitslos. Sie bemerkten, dass sie es waren, die nach dem Mauerfall als erste entlassen wurden.
Beeindruckende Ereignisse, die die Geschichte der Ingenieurinnen sogar über die Grenzen Deutschland hinaus geprägt haben. Da schließt sich die Frage nach der Rolle, die Vereine für ihre Mitglieder spielen aber auch nach der Macht von Vereinen in Deutschland an…
Ich denke, für die Mitglieder eines Vereins ist das Gefühl der Zusammengehörigkeit sehr wertvoll. Gemeinsame Aktivitäten und Versammlungen unterstützen dieses Miteinander. Man tritt gemeinsam für eine Sache ein, tauscht sich aus, berichtet von der eigenen Arbeit, nimmt an spannenden Fachvorträgen teil. In einem Verein kann man von anderen profitieren und sich aber auch selbst einbringen – das ist doch toll!
Ich finde es auch wichtig, fachlich immer auf dem neuesten Stand zu sein. Der Austausch mit anderen Vereinsmitgliedern und Experten ermöglicht das.
Ein Verein ist wie ein Gerüst, das durch gemeinsame Aktivtäten bereichert wird. Ich bin Mitglied in vier verschiedenen Vereinen.
Fachvereine haben einen großen Einfluss und auch eine große Verantwortung in Deutschland. Im VDI haben wir uns immer auch mit der Wirtschaft ausgetauscht, Ideen geprüft und in die Tat umgesetzt, die Medien und so auch die Öffentlichkeit sensibilisiert für die Themen, die uns wichtig waren und sind. So auch unser Engagement für Frauen in technischen Bereichen. Gemeinsam ist man einfach stärker, hat mehr Ideen und findet auch mehr Gehör bei anderen. Über den fachlichen Austausch in einem Verein kann man vieles bewegen.
Vielen Dank, Frau Saatweber, für die Reise durch 57 Jahre VDI-Mitgliedschaft und die Einblicke in Ihr beeindruckendes Engagement in all den Jahren!
Interview: Julia Bayer
Und, Interesse an einer VDI-Mitgliedschaft? Hier finden sich alle Informationen.
Aber wozu eine Mitgliedschaft im VDI? Hier eine charmante Antwort unseres Präsidenten!
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