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Jeder kennt die Darstellung von Leonardo da Vincis Luftschraube, die bereits damals die Prinzipien eines Helikopters angewendet hatte. Das Medium, das er verwendete, war Stift und Papier. Das Werkzeug wird die technische Zeichnung genannt. Mit solchen Zeichnungen verlieh da Vinci seinen Ideen Ausdruck – so effektiv, dass seine Arbeitsweise seit dem 16. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert durch DIN oder andere Normen bis zur Perfektion geführt wurde.
Ideen mit anderen teilen
Egal ob Luftschraube oder Helikopter, sowohl da Vinci als auch moderne Konstrukteure haben ein gemeinsames Ziel: Sie wollen ihre Ideen mit anderen teilen und in die Tat umsetzen. Damit alle Beteiligten an einem Strang ziehen, ist präzise Kommunikation nötig, nur so kann die Fertigung und Montage Teile und Komponenten exakt so fertigen, wie sie in die Vision des Konstrukteurs passen. Auch Kunden und Vertragspartner brauchen verlässliche Pläne, um wiederum Ihre Planung ordentlich ausführen zu können.
Die technische Zeichnung schaffte dies zwar, hatte aber entscheidende Nachteile. Zum einen war das Erstellen von hochwertigen Zeichnungen mühsam. Zunächst musste mit Bleistift ein Entwurf skizziert werden, der dann mit Tusche nachgezeichnet wurde. Dies brauchte nicht nur zeichnerische Begabung, sondern auch eine gute Vorstellungskraft, da 2-D die Grundlage bildete.
Die Änderung einer solchen Zeichnung war dann der entscheidende Nachteil, denn jedem ist klar: Zeichenstriche auf leeres Papier zu bringen ist einfacher als eine vorhandene Zeichnung zu ändern. Hierzu wurde eine Rasierklinge verwendet, mit der die Tusche entfernt wurde, woraufhin die Änderungen skizziert und dann wiederum mit Tusche fixiert werden mussten. Nach mehrmaligem Ändern hatte die Rasierklinge die Zeichnung zerstört. Dann musste der Schöpfer mit einer Mutterpause neu beginnen.
Das elektronische Reißbrett
Mit der Entwicklung der Computertechnologie, gab es ein besseres Werkzeug: 2-D CAD, auch anfangs elektronisches Reißbrett genannt. Dies war ein Segen für die Konstruktion. Die digitale Rasierklinge war viel schneller und zerstörte das Medium, jetzt die Datei, nicht mehr. Obendrein ließen sich Dateien unkompliziert vervielfältigen und versenden. Kommunikation und Zusammenarbeit wurden also um ein Vielfaches vereinfacht und beschleunigt. Mehr und mehr Ideen konnten in die Tat umgesetzt werden.
Mit 3-D CAD konnte der Konstrukteur (mittlerweile eher Ingenieur) seine Idee noch besser verständlich machen, denn zum einen war 3-D für viele leichter verständlich, zum anderen konnte er sein Modell noch mit zusätzlichen Informationen anreichern. Während hingegen 2-D-Zeichnungen zunächst in reale Bauteile verwandelt werden mussten, ehe man die Stabilität der Konstruktion testen konnte, war das digitale 3-D-Modell Grundlage für virtuelle Tests. Auch Fertigungs- und Montagedaten wurden direkt aus dem Modell generiert, so dass in Summe viele Aufgaben der Produktentstehung und -pflege automatisiert werden konnten. Sobald also der Konstrukteur seine Idee in einem 3-D-Modell manifestiert hatte, waren die Folgeprozesse leicht zu kommunizieren. Durch diese verbesserte Kommunikation rückten alle Beteiligten näher zueinander.
Der moderne Leonardo da Vinci ist ...
Alle bisherigen Konstruktionswerkzeuge und ihren Medien haben jedoch eines gemeinsam:
Eine direkte Zusammenarbeit an einem Konstruktions-Objekt war die ganze Zeit nicht möglich. Das Original, die Transparentzeichnung oder das File konnte physikalisch nur einer Person gehören. Das schreit nach dem nächsten Paradigmenwechsel und der Weiterentwicklung der Werkzeuge des Erfinders, des Ingenieurs.
Der moderne Leonardo da Vinci ist zunehmend nicht nur Einzelkämpfer. Sie/er...
… arbeitet gemeinsam mit anderen parallel in einem Konstruktionsdokument.
… lädt schnell mit einem Web-Link alle, die den Wert der Konstruktion verbessern können, einfach und schnell zur Kooperation ein.
… entwickelt durch Trial & Error und modernen Methoden wie Design Thinking schnell Konstruktionsalternativen.
Das Ganze funktioniert nur, da die Datei dasselbe Schicksal erleidet wie einst das 2-D CAD und die Rasierklinge – die Reise in die ewigen Jagdgründe der technischen Geschichte. Das deutsche Museum ruft! Mit welchem Medium können Erfinder nun also gleichzeitig an derselben Idee arbeiten? Das Medium heißt: Datenbank; das Werkzeug: Cloud CAD. Denn eine Datenbank kann mit den Vorteilen der 3-D-Konstruktion am Computer genutzt werden und speichert alles, was eine Konstruktion ausmacht: Metadaten, Geometrieinformationen, Testergebnisse und vieles andere mehr. Obendrein können alle Nutzer im Gegensatz zu Dateien in Datenbanken parallel arbeiten. Abhängig von ihrer Berechtigung können Personen zuarbeiten, anschauen oder kommentieren.
Ist das alles bloß Science-Fiction? Nein, Cloud-native CAD- und PDM-Technologie ist verfügbar. Deshalb mein Tipp: Frei nach dem Prinzip Design Thinking ausprobieren – Versuch macht klug.
Kommentare
Inzwischen haben 5 Leser einen Kommentar hinterlassen.Ich habe gerne am Reißbrett gearbeitet und später am PC mit Quick-cad, weil da keine größeren Kenntnisse notwendig waren. Leider gibt es das Programm nicht mehr.
Hallo Herr Neuhaus,
ein Teil der Antworten auf ihre Einwände habe ich in einer Antwort bereits an Dr. Neumann gegeben.
Zu ihrem Punkt 1:
Ja, kein Netz = keine Kollaboration.
Analogie. Das Zeichenbrett hat ohne 220 V existiert, trotzdem hat das elektronische Reißbrett das alte Zeichenbrett abgelöst. Das Stromnetz wurde als sicher genug angesehen. Lesenswerter Artikel dazu: https://onshape.inneo.com/de/blog/blog-detail/absturz-aus-der-wolke-cloud-nutzung-ohne-internet.html
Zu ihren Punkt 2:
Siehe Antwort an Dr. Neumann
Zu ihrem Punkt 3:
Ich bin kein Freund von alter Datei basierender Technologie, wie dem Autodesk Vault. Das wesentliche Problem einer Datei ist, dass nur einer zur Zeit daran arbeiten kann. Das ist ein ehernes physikalisches Gesetz wie das Fallgesetz. Wirkliche Kollaboration und simultanes Konstruieren („Concurrent Engineering“) sollte direkt im CAD Autorensystem stattfinden. Auch TeamViewer mit Files kann das nicht. Mein Favorit ist diesbezüglich Onshape. Ich habe dies ausführlich in einem Beitrag im EngineeringSpot erörtert:
https://www.engineeringspot.de/2021/08/zsolt-erklaert-was-ist-eigentlich-concurrent-engineering/
Beste Grüße
Zsolt Engli
Hallo Herr Neumann,
es kommt immer auf die Sicherungsmechanismen an.
Zwei Punkte:
- Wenn ich als Hacker die Wahl habe, das Fort Knox vom Amazon Web Service oder Microsoft Azure zu stürmen, oder bei einem Mittelständler in eine durchschnittliche IT Umgebung einzudringen, nehme ich bestimmt nicht das Fort Knox. Das ist wie in einer Reihenhauszeile. Hat eine Terrassentür erkennbar einbruchshemmende Systeme, die andere aber nicht, nehme ich….
- Wenn es nichts zu stehlen gibt, kann ich nichts klauen. Ich habe da die Cloud native CAD&PDM Anwendung Onshape vor Augen. Es ist eine Datenbankanwendung, die auf Servern im Fort Knox von AWS läuft. Zwischen Server und beliebigem Broswerfähigem Endgerät gehen nur einzelne Anweisungen, kleine Datenbankrecords, hin und her. Es wird im Gegensatz zu traditionellen Anwendungen keine Files hin und her geschickt, die nach einem Diebstahl nützlich sein könnten.
Ich habe das ausführlich in diesem LinkedIn-Artikel erörtert:
https://www.linkedin.com/pulse/sind-konstruktionsdaten-der-cloud-100-sicher-design-data-zsolt-engli/
Für den, der keinen LinkedIn Zugang hat, hier ein Artikel ähnlichen Inhaltes in einem deutschen Ingenieurportal:
https://www.engineeringspot.de/2021/09/zsolt-erklaert-datensicherheit-die-cloud-ist-100-sicher/
Beste Grüße
Zsolt Engli
Ich bin auch Veteran (Jahrgang 1941) und seit 1968 im EDV/IT-Bereich (DDR) tätig gewesen bis 1991. Wiedereinstieg
mit Windows 95 und folgenden Betriebssystemen. Es würde ein Roman werden alle Angriffsmethoden zu beschreiben, mit denen ich konfrontiert wurde.
Nicht umsonst habe ich mir selbst die hobbymäßige Berufsbezeichnung DARSES-Spezialist gegeben.
Das bedeutet "detection and ranging of secret services". Und der IT-Bereich ist voll von solchen Leuten.
Wenn Sie also mit Ihrem Verbundsystem etwas konstruieren, das für Fremde wichtig ist, wissen die es eher, als Sie es Ihrem Chef vorgestellt haben. Trotzdem Freude bei der Arbeit!
1. Cloudlösungen leben im Internet. Kein Netz – keine Kollaboration.
2. In "der Industrie" versteht man unter Cloudspeicher in der Regel Server von Amazon, Google, Microsoft oder – hier wahrscheinlich – Autodesk. Wie clever es ist das innovative Know-How eines Unternehmens freiwillig auf amerikanische Server auszulagern müssen die Verantwortlichen bewerten. Mein Meinung hierzu wäre eine ablehnende: Not your Server; not your files.
3. Schon heute ist es möglich, ortsunabhängig und kollaborativ über Netzwerke zu konstruieren:
- per Fernwartungssoftware (TeamViewer, Anydesk),
- per VPN-Verbindung vom Heimnetz ins Firmennetz (und auf die Firmenserver)
- per Screensharing (z.B. BigBlueButton oder Jitsi)
Produkte wie "Autodesk Vault" gibt es auch schon seit 19 Jahren (Einführung 2003) – das ist eine netzwerkfähige Datenbankanwendung welche Zugriffsrechte steuert, Versionierung bietet und Kollaboration ermöglicht. Alles auf firmeneigenen Servern; so das die Zugriffskontrolle von außen beim Unternehmen selbst liegt – nicht bei US-Diensten welche der (spionagefreundlichen) US-Gesetzgebung unterliegen.
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