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Nun, geben auch die amtlichen Wetteraufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes dieses Gefühl der Überhitzung wieder? Die meisten Wetterstationen befinden sich an den Stadträndern und sind damit besonders in der Nacht deutlich kühler. Erst in den letzten Jahren haben Experten damit begonnen, Messtationen in den Innenstädten der Großstädte zu errichten.
Die belasteten Bürger wollen aber den Politikern verlässlich zeigen, wie warm es wirklich ist und dass Maßnahmen wie Stadtbegrünung, Fassaden- und Dachbegrünungen, mehr Wasser in den Städten und weniger Verkehr endlich in Angriff genommen werden müssen. So ging es auch dem Bürgerverein Bamberg Mitte e.V., dessen Gebiet die sogenannte „Inselstadt“ umfasst, ein dicht bebautes Zentrum zwischen zwei Armen des Flusses Regnitz.
Crowdsourcing-Daten können belastbare Aussagen liefern
Heiko Küffner, Vorstand des Bürgervereins, sagt hierzu: „Uns war lange Zeit bewusst, dass das Zentrum unserer ehrwürdigen dicht bebauten Bamberger Altstadt besonders warm ist, doch die Wetterstation Bamberg im ländlichen Süden der Stadt konnte uns nicht die Daten liefern, um Politiker zum Handeln zu überzeugen. Der Bürgerverein hat zehn kleine automatische Wetterstationen finanziert und an seine Mitglieder verteilt, die geeignete Standorte aufzuweisen hatten.”
Unter fachlicher Anleitung wurden die Daten nach dem sogenannten Crowdsourcing-Verfahren bearbeitet, um auch belastbare Aussagen zu liefern. „Und unser Gefühl wurde bestätigt, am 20.07.2022 wurden fast 40 Grad Celsius gemessen, und in 13 Nächten fiel die Temperatur nicht unter 20 Grad. Das sind sogenannte Tropennächte, die am Stadtrand nicht gemessen wurden, den Schlaf der Stadtbewohner aber sehr beeinträchtigt haben“, fügt Küffner hinzu.
Richtlinie VDI 3786 Blatt 24
Um derartige Messungen zu ermöglichen und vor allem wissenschaftlich auswerten zu können, erscheint Anfang April die neue Richtlinie VDI 3786 Blatt 24 (E) „Crowdsourcing“. Darunter versteht man im Bereich meteorologischer Anwendungen das Sammeln von nicht-klassischen Wetterbeobachtungen aus einer großen Anzahl von Quellen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung, insbesondere von einer Reihe von öffentlichen Sensoren. Auf diese kann man typischerweise über das Internet zugreifen.
Fortschritte in der Miniaturisierung von Messwertgebern für meteorologische Elemente wie Temperatur, Feuchte und Druck führten dazu, dass diese Sensoren heute in preiswerten Wetterstationen für den privaten Gebrauch und in vielen weit verbreiteten elektronischen Geräten wie Bordcomputern in Autos oder in Smartphones enthalten sind.
Private Messstationen einbinden
Da sich private Messstationen einbinden lassen, ist es möglich, selbst Laien in die Datenerfassung und teilweise Datenbearbeitung einzubeziehen. Dafür gibt es inzwischen auch eine entsprechende Begrifflichkeit: Citizen Science steht für die Beteiligung von Personen an wissenschaftlichen Prozessen, die per se nicht in diesem Bereich institutionell gebunden sind.
Crowdsourcing hat den Vorteil, dass damit viele Messungen zur Verfügung stehen auch aus Gebieten, in denen es sonst keine amtlichen Wetterstationen gibt. Es hat aber auch den Nachteil, dass die Beobachtungen nicht nach Richtlinien durchgeführt werden, die einen vergleichbaren Messwert liefern, der auch für beispielsweise politische Entscheidungen herangezogen werden kann.
Fehlerquellen ausschließen
Genau an diesem Punkt setzt die hier vorgestellte Richtlinie an: Die massenhafte Verfügbarkeit von Daten ermöglicht es im Sinne des Qualitätsmanagements, für jeden Zeitpunkt die Messwerte zu finden, die in einem zulässigen Fehlerbereich liegen. Beispielsweise werden Thermometer ausgeschlossen, die durch die Sonne beschienen werden und viel zu hohe Messwerte liefern.
Der Aufwand liegt nicht mehr bei der Messwerterfassung, sondern bei der Sammlung und Bearbeitung. Hierzu sind umfangreichere rechentechnische Arbeiten notwendig, doch gibt es bereits entsprechende Programmpakete. Die Richtlinie enthält umfangreiche Informationen zu geeigneten Messplattformen und Sensoren, Einschränkungen bei der Anwendung und vor allem zu Maßnahmen, um eine gesicherte Datenqualität im Crowdsourcing-Netzwerk zu erzielen.
Entscheidungsinstrument für Klimaanpassungsmaßnahmen
Die Stadt Wien nutzt seit Längerem mehr als 1.000 Stationen, um das lokale Klima zu untersuchen. Initiativen gibt es in Deutschland beispielsweise in Soest und Augsburg. Ein Ausbau in weiteren Kommunen ist wünschenswert und – da die Stationen oft vorhanden sind – auch kostengünstig umzusetzen, weil mit Smart-City-Projekten auch die rechentechnische Basis oft vorhanden ist.
Viele Städte haben lokalklimatisch kompetente Mitarbeiter in den Umweltämtern, die die nötige fachliche Betreuung durchführen können. Damit erhalten die Kommunen ein Entscheidungsinstrument, um Hitzeschutzpläne, Maßnahmen der Stadtbegrünung und Stadtgestaltung auf eine verlässliche wissenschaftliche Basis stellen zu können.
Die neue VDI-Richtlinie zum Crowdsourcing gewährt den Kommunen, aber auch Industriearealen oder Erholungsgebieten, dass die Messungen dem Bundesimmissionsschutzgesetz hinsichtlich flächenhafter Aussagen genügen. Jedoch ist dies nur möglich, wenn die geforderten amtlichen Stationen der Landesumweltämter oder in Kurgebieten als Referenzdaten zur Verfügung stehen und entsprechend einbezogen werden. Dies legen auch die Verfasser der Richtlinie dar.
Kommentare
Inzwischen haben 2 Leser einen Kommentar hinterlassen."Unerträgliche Hitze durch Klimawandel": Wenn das Ziel für die Messung vorher festgelegt wird, kann man davon ausgehen, dass die Messwerte einen systematischen Fehler haben werden. Natürlich suchen sich die beteiligten einen Messort, der den eigenen Zielen am nächsten kommt. Wenn eine ausreichend große Anzahl an Stationen diesen Fehler haben, wird der sich nicht "heraus rechnen" lassen - ist vielleicht auch nicht gewollt.
Wasserdampf ist das wirksamste Klimagas, die Nutzung der Verdampfungswärme zur lokalen Kühlung mit die Kühlungsmethode mit dem schlechtesten Wirkungsgrad und verschärft die Klimaerwärmung zusätzlich -egal, weil an der Klimaerwärmung tragen immer die Anderen die Schuld.
Die Städte wurden durch den Menschenansturm der letzten Jahre im Innenraum stark nachverdichtet. Das heißt, jeder Mensch ist ein Heizkörper und heizt mit 37 °C 24 Stunden lang. Die neu gebauten Betonstädte speichern sowohl Menschenwärme wie Sonnenwärme. Wo soll die Wärme aus körperlichen Aktivitäten, Sport, Arbeiten, Freizeit im Sommer denn hin, wenn nicht in die Umwelt? Das wiederum heißt, die Probleme sind selbstgemacht aufgrund der Menschenansammlung. Thermometer in der Innenstadt aufzustellen, das ist nicht einmal Teil der Lösung, sondern beweist nur, was schon lange bekannt ist. Am Stadtrand ist es kühler und dafür im Winter aber kälter.
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